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Ultracycling und Alpenpaesse

Akklimatisationphase Wüste Tag 3

Trainingsfreier Tag. In der Wüste. In Brawley CA. Das ist kein Ort um frei zu haben. Hier gibt es nichts zu sehen, keinen Aussichtspunkt wo man hinfahren könnte, kein Cafe wo man nett sitzen und Emails oder Blog schreiben kann, kein Stadtzentrum wo man „schlendern“ kann.

Immerhin ist es sehr warm. Beim Frühstück sitze ich wie immer in dicker Fleecejacke und mit Mütze. Die Anderen in kurzen Hosen und T-Shirt. Aber wie oft in heißen Gegenden wird die Klimaanlage bis zum Anschlag aufgedreht. 16°C sind ganz normal. Das schreit nach einer Erkältung und die will ich unbedingt vermeiden. Da hilft nur Jacke an/aus/an/aus. Zimmer (33°)aus, raus auf den Flur 16° an, in den Fahrstuhl, 22° an, Frühstück 16° an plus Mütze, raus zum Auto 38° aus, im Auto 45° aus, zum Walmart 16° an usw.

Manchmal komme ich mir fast albern vor dabei, aber es ist die einzige Möglichkeit, außerdem will ich mich ja an Hitze gewöhnen und nicht an Klimaanlagenkälte.

Anyway, wie immer sehr früh gefrühstückt. Ich hätte Lust ein bisschen Emails usw. abzuarbeiten, aber im Zimmer macht das keinen Spaß und ich kenne hier keinen Ort wo man mal gerne sitzen würde. Restaurants sind nur zum Essen da. Ist so in den USA. Und Brawley ist nicht LA oder New York. Die gastronomischen Betriebe sind eher dunkle, leicht heruntergekommene Löcher, ich brauche aber einen netten Platz um etwas Inspiration und Laune zum Schreiben zu bekommen. Man versteckt sich hier halt vor der Sonne.

So beschließe ich einfach etwas mit dem Auto zu fahren und dabei gute Rockmusik zu hören. Das macht in den USA einfach Spaß, und im März während des Trainingslagers habe ich Marco manchmal beneidet darum.

Ich fahre in Richtung Calexio nach Süden. Ich muss aufpassen nicht aus Versehen über die Grenze zu fahren und in Mexiko zu landen. Da darf ich mit dem Mietwagen nämlich nicht hin. Und die Grenze ist nur ein paar Meilen weg.

Die Landschaft ist ziemlich trostlos. Trockenes Land, das durch künstliche Bewässerung ausgiebig landwirtschaftlich genutzt wird. So wechseln sich Wüstenabschnitte mit Feldern ab. Keinerlei markante landschaftliche Punkte. War wohl doch nicht so eine gute Idee mit dem Cruisen. Im Radio hauptsächlich spanischsprachige Sender mit schrecklichen mexikanischen Schlagern. Aber zum Glück gibt es Satellitenradio.

Auch wenn es einen guten 70s Sender gibt und ich eine Weile darüber sinniere, was für eine fantastische Zeit die siebziger für die Rock- und Popmusik waren und wie wenig daraus geworden ist, so kann ich die Fahrt doch nicht so richtig genießen. Eine gewisse Grundspannung ist einfach da, ich würde jetzt doch lieber im RAAM Gearbook lesen.

In Calexio schaue ich mir einen K-Mart an und ein food4less. Aber am besten kauft man immer noch im Walmart. Dort ist die Auswahl am besten und günstiger scheint es auch zu sein. Einzig die Safeway haben mir noch gefallen, die wir in Colorado im März häufig genutzt haben.

Auf dem Rückweg finde ich eine frisch geteerte Straße mit ganz glattem Asphalt. Anscheinend geht man hier nun doch von den grobkörnigen Asphaltdecken weg, denn alle neu gemachten Straßen waren alle ziemlich glatt. Vielleicht kann man in fünf Jahren das RAAM fahren ohne die brutale Belastung durch den rauen und teils brüchigen Straßenbelag.

So fahre ich auf der frisch geteerten 98 in Richtung Westen durch die Jacumba Wüste. Immerhin gibt es eine kleine Bergkette am Horizont. Hier ist jetzt auch kaum landwirtschaftliche oder bergbauliche Nutzung. Die Natur hat aber eher spröden Charme…

Ein Cafe mit Bergblick, aber nicht wirklich ein Platz zum verweilen

Ein Cafe mit Bergblick, aber nicht wirklich ein Platz zum verweilen

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Über die 8 geht es zurück in Richtung Brawley. In El Centro finde ich immerhin noch einen Baumarkt und kann einen Tube Cutter und eine Feile kaufen um den Aeroauflieger vom Cannondale Rad zu kürzen. Auch das Tanken kann ich zum ersten Mal ausprobieren. Nachdem ich herausgefunden habe was für einen Kraftstoff mein Mietwagen braucht, muss ich erst an der Kasse einen Betrag mit der Kreditkarte autorisieren, dann wird aber nur der tatsächlich getankte Betrag gebucht. Das Vertrauen, dass der Kunde nach dem Tanken freiwillig zahlt scheint gering.

Im Hotel setze ich das eben erworbene Werkzeug ein und habe jetzt endlich mein Rad wirklich „ready to RAAMble“. Ich bin wirklich etwas spät dran. Aber offensichtlich noch rechtzeitig. Anschließend verlängere ich im Hotel bis zum 3. Juni, meiner Anreise nach Oceanside. Eigentlich hatte ich überlegt nach Blythe zu wechseln oder nach Borrego Springs. Wegen der Abwechslung und wegen der Chance am „Glass Elevator“ zu trainieren. Aber die ganzen Kisten wieder schleppen und das Auto nochmal packen, da habe ich keine Lust drauf. Das Hotel ist ok, ich bekomme eine gute Rate für’s Zimmer und so bleibe ich. Nach Borrego Springs werde ich einen Ausflug machen und sonst sind die Straßen hier eh alle gleich.

Abends teste ich noch den Fitnessraum des Hotels an. Keine Offenbarung, könnte aber auch schlimmer sein. Leider auch hier keine Freihanteln. Und natürlich Klimaanlage auf „kalt“. Ich trainiere in Jacke und mit Mütze, die anderen gucken etwas blöd, ich bin’s mittlerweile gewöhnt.

Nichts tun bei Hitze macht irgendwie mürbe im Kopf. Wieder auf dem Zimer lasse ich den Laptop zugeklappt, esse was noch so im Kühlschrank ist und gehe sehr für ins Bett.

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