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Ultracycling und Alpenpaesse

Akklimatisationsphase Wüste Tag 7

Eine Woche bin ich jetzt schon in der wohligen Wärme dieser spröden Gegend. Für heute hatte ich mir vorgenommen nach Borrego Springs zu fahren um meine Intervalle am „Glass Elevator“zu fahren. Das ist die einzig nenenswerte Abfahrt auf der RAAM Strecke bis zum Wolf Creek Pass. Es geht zwar auch an anderen Stellen mal bergab, aber so eine richtig lange Abfahrt wo man nicht noch hefitg mittreten muss/kann gibt es sonst keine.

Und richtig lange ist der „Glass Elevator“ auf jeden Fall. Nämlich 17 Meilen, also über 27 Kilometer.

Zunächst aber muss ich erst mal nach El Centro ins Best Buy und die Bluetooth Lautsprecher zurückgeben. Eigentlich waren die ja ganz praktisch, im Hotelzimmer konnte ich so gestern abend noch ein bisschen Musik hören, aber für meine Zwecke als Followcar Außenlautsprecher sind die Dinger einfach zu leise.

Ich habe mich aber vorher nochmal im Internet auf Recherchetour begeben und siehe da, natürlich gibt es genau das was ich suche, nämlich einen kleinen nicht zu schwachen Verstärker, der mit 12V betrieben werden kann und an den ich die Outdoorspeaker anschließen kann, genauso wie einen Zuspieler (Laptop, MP3player usw.) und ein Mikrofon. Und er kostet gerade mal 27,99 USD.

Schwache Leistung von den Best Buy und sonstigen Tuner, Audio Discount Jungs und Mädels. Ich dachte schon ich würde irgendwie falsch denken, dabei hatten die schlicht und einfach null Ahnung. Ärgert mich etwas, dass mich das soviel Zeit gekostet hat und die Verkäufer gerade mal das vorlesen können was auf der Verpackung steht ohne auch nur irgendwie das geschilderte Szenario zu verstehen oder verstehen zu wollen.

Anyway, das Teil bei Amazon bestellt, soll Montag hier im Hotel ankommen. Bei Best Buy habe ich tatsächlich, nach kritischer Prüfung, mein Geld zurück bekommen und auch gleich die Outdoorspeaker gekauft. So bleibt es erst mal bezahlbar, Mit 150 USD bin ich dabei, plus evtl. noch ein Mikro.

Zurück im Hotel gibt es Labberbrot mit Putenbrust und Greek Joguhrt, außerdem eine $4 Packung frisches Obst. Dann teste ich ein neu gekauftes Sonnenschutzmittel zum aufsprühen. Das hat den Vorteil, dass die Jungs, dann wenn ich es nicht mehr selbst machen kann mich nicht umständlich eincremen müssen, sondern einfach besprayen und gut ist. Spart Zeit und klebrige Finger.

Ich sprühe also das Zeug mit SF70 auf Arme und Beine und hoffe, dass ich es gut vertrage, und dass es mich nicht beim Schwitzen stört.

Das kann ich schon auf der Autofahrt nach Borrego Springs testen, denn wie immer habe ich die Klima nur minimal an, um unter die 50° C Marke zu kommen.

Die Radklamotten funktionieren auch ohne Wind bei über 45° C im Auto ganz gut

Die Radklamotten funktionieren auch ohne Wind bei über 45° C im Auto ganz gut

Ich fahre auf der original RAAM Strecke in Gegenrichtung und es kommt mir viel länger vor als im März mit dem Fahrrad. Der Wind ist recht stark, Sand weht über die Straße. Das Außenthermometer zeigt 107° F, also knapp über 40° C.

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In Borrego Springs angekommen fahre ich erst mal wieder die S3 so 10 Minuten in Richtung Brawley und dann wieder zurück, bis zum anderen Ortsende und hinein in die Steigung zum Glass Elevator. Theoretisch müsste der easy zu fahren sein, so dass ich auch zwischen den geplanten Intervallen schön locker G1 fahren kann, schließlich hat der max 8% und viele flachere Passagen.

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Irgendwie hatte ich aber das mit den „Strong Winds“ vergessen, vor denen auf Schildern gewarnt wird. Schon in Borrego bläst mir heftig der Wind entgegen. Aus Sicht eines RAAM Fahrers durchaus die richtige Richtung, aber ich fahre jetzt erst mal entgegengesetzt.

Beim zweiten EB Intervall frage ich mich schon mal kurz, was ich hier eigentlich mache, es sind 42° im Schatten, aber es gibt gar keinen Schatten und ich trete hier mit 340 Watt den Berg hoch. Muss das sein? Naja, die Antwort heißt ja, denn das Ziel heißt Race Across America. Das ist nun mal extrem, also muss man in der Vorbereitung auch mal etwas extremer trainieren.

Wobei ich ja insgesamt in diesen Vorbereitungstagen nicht mehr wirklich hart trainiere. Mit Björns beliebten geschachtelten EB-SB-EB Intevallen würde ich mir hier wahrscheinlich die Lichter ausschießen.

Auch so ist es ein bisschen anstrengend, ich scheine sehr zu schwitzen, denn das Buff ist klatschnass und schmeckt sehr salzig. Sonst merke ich das aber kaum, der Schweiß verdunstet offensichtlich recht schnell. Faszinierend wie der Körper auch bei Temperaturen über der eigenen Körpertemperatur noch recht gut funktioniert.

Nach den EB Intervallen gibt es zwei G2 Intervalle. Allerdings ist es nicht ganz einfach zwischen den Intervallen G1 zu fahren, denn obwohl es nicht so steil ist, bläst der Wind dermaßen entgegen, dass man kaum vom Fleck kommt. Teils fahre ich nur 10 km/h oder noch weniger. Das fühlt sich immer etwas unbefriedigend an um es vorsichtig zu formulieren.

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Das nächste G2 gibt mir die Gelegenheit wieder etwas schneller zu fahren, aber ich habe schon alle Intervalle „verbraucht“ bevor ich oben bin. Das ist so ein typischer Anstieg wo man immer denkt, „gleich bin ich oben“, dann kommt aber nach der Kurve nur der nächste Anstieg. So geht es mir einige Male. Ich fahre jetzt einfach frei Schnauze, aber der Wind ist teils sehr sehr heftig, so dass ich trotzdem nur hochkrieche. Aus 8% werden so gefühlt schnell mal 12. Auch beim RAAM werde ich sicher mit solchen Winden konfrontiert, das wird ganz schön an die Nerven gehen.

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Die Schaltung enttäuscht mich etwas. Ich hatte noch die Laufräder gewechselt und kurz geschaut, ob das Schaltwerk richtig steht, was der Fall zu sein schien, und jetzt schaltet die wie eine schlecht eingestellte Drahtseilschaltung. Da war die alte Di2 aber besser, oder ist das ein Feature?

Anyway, das werde ich mir erst im Hotel anschauen. So langsam arbeite ich mich nach oben. Der heftige Wind hat aber auch was Gutes, er kühlt nämlich ganz ordentlich. Und, je höher ich komme, desto kühler wird es. Zweimal lasse ich mich noch täuschen, dann bin ich aber tatsächlich oben. Und da sind es nur noch 29° C. Das ist mir viel zu kalt zum Radfahren, nach ein paar hundert Metern drehe ich wieder um und fahre jetzt in RAAM Richtung.

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Der Belag ist schlechter als im März, ein Teil der Straße ist neu gemacht, aber meiner Meinung nach nicht fertig. Seltsamer Belag mit Riefen. Richtig schnell fahre ich nicht, da der Wind an manchen Stellen heftig von der Seite reinhaut. Mit den Mavic Ksyrium Laufrädern kein Problem, mit den Zipp 808 wäre das aber ziemlich spaßig geworden.

Mir geht es in der Abfahrt sowieso nur um nochmalige Besichtigung und lockeres ausrollen zum Auto. So richtig gut Bremsen kann ich auch nicht, ich war zu faul die Bremsen umzustellen und die Beläge zu wechseln, die Zipp Beläge Bremsen auf dem Alu nicht so optimal. Aber abgesehen vom Wind ist die Abfahrt ja sehr schön zu fahren, mit weiten Kurven und toller Aussicht.

Das Eintauchen in die Hitze müsste diesmal deutlicher sein, im März waren es unten 33° heute 42° C. Aber es kommt mir weniger krass vor als erwartet. So ein bisschen scheint die Akklimatisierung also zu funktionieren.

Unten angekommen muss ich feststellen, dass der Anstieg nur 17 Km und nicht 17 Meilen lang ist. Anyway, ich setze mich wieder ins Auto und fahre zurück nach Brawley. Das Land ist schon krass hier. Hier zu leben muss ebenso krass sein. Ein einsames Haus in einem großen trockenen Stück Land? Der Trailerpark einfach so mitten in der Steinwüste fasziniert mich. Eigentlich will doch niemand hier halten? Aber die Einheimischen sehen das vielleicht ganz anders. Und wer will schon in Gießen wohnen? Da ist es noch nicht mal trocken…

Im Hotel bekomme ich erst mal einen Fressflash und mache den Kühlschrank leer. Brot, Putenbrust, Joguhrt, Milchreis und Orangensaft, alles durcheinander. Ich lasse dem freien Lauf, hatte eh ziemlich abgenommen. So langsam normalisiert sich mein Gewicht wieder. Für’s RAAM kann mein Körper gar nicht gierig genug nach Nahrung sein.

Duschen darf ich noch nicht, ich will die getestete Sonnencreme (bzw. Spray) noch eine Weile auf der Haut lassen um zu schauen ob ich das Zeug gut vertrage. Nachdem es mir aber im Zimmer irgendwann einfach zu warm wird gehe ich doch duschen und schalte die Klima für 10 min an.

Eine große Maschine Wäsche und ein bisschen Blog schreiben beenden den Tag. Ab morgen kann ich mir Gedanken über die Befestigung der Lautsprecher machen.

 

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