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Ultracycling und Alpenpaesse

Gedanken zur psychischen Komponente des RAAM

Weitere Bücher sind angekommen, im Moment lese ich gerade das von Meneweger. Die Österreicher dominieren die europäische Geschichte des RAAM ganz massiv.

Die haben natürlich auch die Alpen zum trainieren, vielleicht hilft das?

Was bei allen Autoren auffällt, ist die Tatsache, dass sie die mentale Komponente für das Entscheidende halten. Bei manchen führt das sogar zu sehr esoterischen Deutungen psychologischer Phänomene.

Das finde ich ziemlich schade. Allerdings macht es auch klar, was das RAAM eigentlich ausmacht. Vermutlich ist man nach einem erfolgreichen Finish nicht mehr derselbe Mensch. Es ist eben eine wirkliche Grenzerfahrung, und doch nur ein Radrennen. D.h. man kann in diesen persönlichkeitsbildenden Bereich vorstoßen ohne sich sinnlos, mutwillig einem Risiko für Leben und Gesundheit auszusetzen.

D.h. nicht, dass das RAAM keine Risiken birgt. Risiko gehört nun mal zum Leben, eine echte Binsenweisheit, die aber gerade in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr durch bürokratische, politische und juristische „sich aus der Verantwortung Zieher“ ignoriert wird, und das Leben der Menschen immer mehr reglementiert, um das Risiko und die Entscheidung zu vermeiden.

Da scheint es seltsam, dass gerade das RAAM mit seinem dicken Regelbuch den Teilnehmern die Möglichkeit eröffnet den eigenen Erfahrungshorizont im Bereich der persönlichen Entwicklung so stark zu erweitern.

Auf meiner ersten Radreise habe ich schon diese Erfahrung gemacht. Sie hat mich nicht grundlegend verändert, aber doch die Aufweichung gewisser Strukturen im Denken bewirkt. Auch wenn ich danach in ein Loch gefallen bin und fast wieder in den vorherigen Zustand zurückgekehrt wäre, so bin ich es doch nicht. Und nach der zweiten Radreise war das komplett anders.

Diese hat mich (aufbauend auf der ersten Reise) sehr wohl verändert. Die erste Reise war von starkem Enthusiasmus geprägt, hat natürlich mein Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit gestärkt (die zweite hätte ich nicht geschafft ohne die positve Erfahrung in Skandinavien), den Unterschied von Gedanken und Realität im Bezug auf fremde, neue Erfahrungen deutlich gemacht, mir ungeahnte Anerkennung und Respekt anderer Menschen gebracht. Aber die zweite Reise hat mir gezeigt, wie leistungsfähig ich tatsächlich bin, wie man widrige Umstände und große körperliche Herausforderungen überstehen kann, und dass der Körper eine fantastische Anpassungsfähigkeit hat.

Wenn ich nicht den Weg zum Alpenpassradfahren gefunden hätte, wären die Auswirkungen auf mein sonstiges Arbeits- und Privatleben sicher noch drastischer gewesen. So hatte ich die Möglichkeit diese Erfahrung, dieses Erlebnis quasi zu „verlängern“.

Wäre es da jetzt nicht einfach konsequent eine weitere intensive, persönlichkeitsbildende Erfahrung zu suchen (den nächsten Schritt zu gehen?), und bietet sich da für mich nicht das RAAM geradezu an? Wäre das RAAM denn nicht nur von Zeit und Strecke her, sondern eben auch von der psychischen Belastung geradezu die Essenz einer langen Radreise? Was aber wenn man scheitert, wächst man dann an der Niederlage oder wird man geradezu zerstört?

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Thema von Anders Norén