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Ultracycling und Alpenpaesse

Großglockner die Zweite

Sonntag 23.05.2010

Wieder bin ich um halb sechs wach, aber ich habe mir fest vorgenommen heute gemütlich zu frühstücken, denn das Wetter soll viel besser werden, und so drehe ich mich mit Fantasien von Radfahren zwischen Schneemauern bei strahlendem Sonnenschein nochmal um und versuche weiter zu schlafen.
So richtig gut klappt das nicht. Aber irgendwie gelingt es doch die Zeit bis sieben Uhr zu überbrücken. Das Frühstück ist besser als gedacht, die haben hier im Hotel gegenüber letztem Jahr nochmal richtig aufgerüstet.
Mit dem Wetter, das war allerdings ein Flop. Denn mittlerweile regnet es. Ob es dann oben schneit? Naja sehe ich dann.

Die Strecke ist mir mittlerweile ja recht vertraut, und mir fällt auf, dass der Puls gegenüber gestern je nach Abschnitt 5 bis 10 Schläge niedriger ist, bei ungefähr gleicher Leistung. Entgegen meiner Erwartung fällt es mir heute nicht schwerer, sondern ich bin ungefähr genauso schnell, nur fühlt es sich etwas besser an wie gestern.
Nach Hälfte der Strecke fängt die Bremse hinten beim Wiegetritt an zu schleifen, was da los ist weiß ich echt nicht, denn ich habe gestern die Bremse extra nochmal eingestellt. Ich halte diesmal aber nicht an, mache sie beim Fahren auf. Das bringt mich aber sehr aus dem Rhythmus. Vorher hatte ich ziemlich konstant 270 Watt gekurbelt, bei ungefähr 75er Trittfrequenz. Das lässt sich jetzt aber nicht mehr halten.

Ab 2000 Metern wird es wieder deutlich kühler, insgesamt ist es zunächst aber gefühlt sogar eine Spur weniger kalt wie gestern. Das Gefühl in eine weiche klebrige Masse zu treten (man könnte auch einfach Schwächephase sagen) kommt ungefähr an der gleichen Stelle wie gestern. Immer wenn es besonders zäh wird, fallen mir die Bilder von Carlos Sastre gestern beim Giro d’Italia ein. Auch wenn er nicht der schnellste war, die Eleganz seines flüssigen, schönen runden Trittes den er auch bei zweistelligen Steigungsprozenten am Monte Grappa getreten hat, wirkt unglaublich motivierend.

Weiter oben ist das Wetter dann doch etwas schlechter wie gestern, durch den dichten Nebel verliere ich doch etwas die Orientierung und weiß nicht recht wieviel Kehren und Kurven ich noch zu fahren habe bis es endlich zum Fuscher Törl hoch geht. Aber letztlich komme ich dann doch oben an, und fahre gleich weiter Richtung Hochtor.

Am Ende der Zwischenabfahrt sind meine Füße komplett durchnässt. Die Straße ist halt nass und gerade bei den höheren Geschwindigkeiten beim Abfahren spritzt das Wasser unablässig auf den Schuh.
Die Strecke zum Hochtor fällt mir heute deutlich leichter, nur die Ruhe im Tunnel kann ich nicht genießen, denn da ich heute später gestartet bin, sind doch einige Autos und Motorradfahrerrudel unterwegs.

Auch heute ist auf der Seite in Richtung Heiligenblut garstiges Wetter, sehr windig, und es scheint sogar etwas zu schneien, denn die großen Schneefräsen sind unterwegs, und die Autos stauen sich vor der ersten Kehre abwärts.

Trotzdem ist hier am Hochtor niemand, der das Passschildfoto machen könnte, so stecke ich das Fahrrad in den Schnee, stelle die Kamera auf den Sattel und mache das Foto mit Selbstauslöser.

Dann geht es gleich wieder zurück. Von gestern weiß ich noch, dass dieser erste Teil der Abfahrt sehr kalt wird. Heute ist es genauso, und ich überlege wieder beim Makeiwirt einzukehren, aber Frühstück hatte ich heute morgen ja schon, und so fahre ich weiter und versuche mich am Gegenanstieg aufzuwärmen.
Als ich am Fuscher Tor vorbei bin, sehe ich wie sich ein Rennradfahrer scheinbar in Richtung Edelweißspitze aufmacht, und irgendwie fahre ich automatisch hinterher. So kann ich gleich ausprobieren ob mein Spezialiced Roubaix, das ja für Kopfsteinpflaster konzipiert ist wirklich hält was es verspricht. Der andere Radfahrer fährt aber gar nicht hoch, so kämpfe ich mich alleine hoch. Auch hier ist die Straße frei, d.h. sogar das ruppelige Kopfsteinpflaster wird hier geräumt. Mir ist das nur recht. Außerdem freue ich mich, dass so langsam der Hunger nach steilen Anstiegen zurückkommt, und ich mit der Steigung gut zurecht komme.
Vor der letzten Kehre läuft eine Familie mit Wanderklamotten nach oben. Als ich vorbeiziehe, rufen mir die zwei Kinder „quäl dich“ und „quäl dich du Sau“ hinterher. (Kann sich noch jemand an Jan Ulrich erinnern?). Der Mutter ist es total peinlich, und sie weist ihre Kinder zurecht, ich sage ihr aber, dass das schon ok sei, dass es mich sogar tatsächlich motiviert, woraufhin zu meiner Überraschung auch Mutter und Vater anfangen mich anzufeuern.
Aber es war sowieso die letzte Kehre, und so erreiche ich die Edelweißspitze auch noch, und kann mir dort einen Germknödel gönnen. Der schmeckt zum Glück nicht nur bei strahlendem Sonnenschein im Sommer, sondern auch bei Nebel, Regen und Kälte.

Dann geht es aber gleich in die Abfahrt, ich will nur noch unter die Dusche, denn mittlerweile sind wirklich alle Klamotten nass, inklusive Handschuhen und Schuhen. Die Abfahrt über das Kopfsteinpflaster runter von der Edelweißspitze war das letzte mal extrem anstrengend, mein ganzer Körper hat hinterher gezittert, so sehr hatte mich das Fahrrad malträtiert. Diesmal ist der Unterschied sensationell. Weich federt der Carbonrahmen alle Spitzen weg.
Nie wieder kaufe ich mir freiwillig so einen Alu Bock. Ein auf Comfort ausgelegter Carbonrahmen ist auch vom besten Stahlrahmen nicht zu schlagen. Schlicht der Hammer. Das Fahrrad trägt seinen Namen zu recht.
Der Rest der Abfahrt läuft wie gestern, erstmal ist es noch sehr kalt, dann wird die Luftemperatur etwas besser, aber weil man kaum was zu treten hat, und der Fahrtwind ordentlich kühlt, frieren mir Hände und Füße recht unangenehm. Ab der Mautstelle geht es dann einigermaßen, immer wieder muss man ordentlich rein treten um das Tempo zu halten, und ab dem Bärenwerk geht’s dann sowieso.

Insgesamt war das also eine ganz befriedigende Ausfahrt. Auch wenn ich wegen den zwei Tagen hier am Glockner das Rennen in zwei Wochen sicher nicht unter den besten beenden werde (der Wirt von meinem Hotel ist beim Glocknerkönig 1:20 h gefahren, ich brauche mehr als eine Stunde länger!), so konnte ich wenigstens soviel rausfinden, dass ich wohl nicht letzter werde, und das ist , neben dem administrativen, das einzige Ziel für diesen ersten Wettkampf.

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1 Kommentar

  1. Peter 28. Mai 2010

    weich federt der Carbonrahmen alle Spitzen weg…

    Ich hab letzte Woche mit Ernst Huberti auf der ISPO über das Thema gesprochen. Wir sind da einer Meinung.

    Gruß

    P.

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