steilberghoch

Ultracycling und Alpenpaesse

Pico Veleta Variante Monachil

Nachdem ich die letzten Tage morgens damit verbracht habe meinen Gesundheitszustand zu überprüfen, geht mir das mittlerweile sehr auf den Keks. Ich bin doch hier zum Radfahren und Genießen. Das Gejammer im Blog liest sich auch nicht schön. Dann die erste besorgte E-Mail, von wegen Herzmuskelentzündung und so, oje, oje, ich bin genervt.

Außerdem habe ich ein Kilo zugenommen, offensichtlich zu wenig Bewegung oder zu viel gegessen, oder beides.

Das Frühstück ist zwar an sich gut, aber halt jeden Morgen dasselbe, ich esse nur die Hälfte von meiner üblichen Ration.

Etwas übellaunig, aber paradoxerweise doch erwartungsfroh setze ich mich auf’s Rad. Heute steht die Auffahrt zum Pico Veleta über Monachil auf dem Programm. Die ist im
unteren Abschnitt wirklich heftig. Man spart zwar ca. fünf Kilometer gegenüber der Standardstrecke, auf die man ungefähr bei Kilometer 18 wieder trifft, aber dafür gibt es ein paar Höhenmeter mehr. Vor allem steile Höhenmeter!

Das Hotel liegt optimal für diese Variante, ich muss nicht nach Granada rein, sondern ein Kreisel, dann die A-4xxx bis zu einer Ampel, an der die Stoppuhr gestartet wird,
erstmals berghoch durch, äh ich glaube Baros de la Vega, dann fängt auch schon die GR 3202 an, also ganz einfach.

Es ist Montagmorgen und ich bin um acht auf dem Rad. Der heftige Berufsverkehr überrascht mich doch etwas, nachdem ich bisher meist recht einsam auf den Straßen gefahren bin. Irgendwie ist auch die markante Ampel weg vom letzten Jahr, da ist
jetzt ein Kreisel, so verpasse ich den Punkt zum Starten der Stoppuhr.

Ich fahre jetzt durch Zuiba, irgendwie kann ich mich an nichts erinnern, sah das nicht letztes Jahr anders aus? Egal, immer berghoch, mehr Möglichkeiten gibt’s
ja nicht. Blöd nur, dass nach einer ordentlichen Steigung mit gut 9% die Straße einfach aufhört.

Meiner Laune ist das nicht zuträglich, das wird eh hart heute, jetzt auch noch sinnlose Höhenmeter?

Mist! Ich nutze die Gelegenheit, fahre ganz zurück bis zum Kreisel, starte dort die Stoppuhr und fahre dann die einzige andere Straße die sich anbietet. Aber irgendwie ist das vielleicht doch nicht richtig?! Eigentlich kann man sich doch da gar nicht verfahren. Ich aber schon.

So fahre ich nochmal sinnlos berghoch, dann wieder zurück und erst mal quer zum Hang, ohne auf mein eigentliches Ziel zuzufahren. Ich bin jetzt in Cajar. Und außerdem
bin ich frustriert und weiß nicht wie ich verdammt noch mal nach Monachil komme.

Da endet die Straße genau an jener Ampel, von der ich dachte, dass sie jetzt ein Kreisel wäre. Und sofort erkenne ich die Strecke wieder. Na geht doch, nach fast 200
sinnlosen Höhenmetern bin ich auf der richtigen Strecke. Und auch noch am richtigen Startpunkt.

Durch den Ort geht es jetzt gleich erst mal wieder ordentlich berghoch. Aber ich bin ja warmgefahren. Nicht das ich fliege, aber es geht. Am Ortsausgang flacht die Strecke
wieder ab. Ich bin jetzt auf der GR-3202 und nach Monachil geht es jetzt sogar kurz bergab.

Die Wettervorhersage lautete Regen und Gewitter ab übermorgen, heute und morgen aber noch sonnig. Dafür nimmt der Wind etwas ab. Auch auf dem Berg soll der Wind zwar noch
ordentlich blasen, aber nicht mehr so brutal wie vorgestern.

Allerdings stimmt schon der erste Teil mit dem „sonnig“ nicht. Im Gegenteil, tief hängen die Wolken über Granada, und ich kann schon sehen, dass ich mich sicher
Serpentine über Serpentine weiter in die Wolken hochschrauben werde.

Eigentlich eine schöne neue Variante, so habe ich diese Landschaft noch nicht gesehen, aber irgendwie hilft das meine mäßige Laune auf ihrem niedrigen Level zu halten.

Ich fahre jetzt nach Monachil rein, auch hier ist reges Treiben auf der Straße, und dann der Klassiker, ich fahre an einem Pickup vorbei, und der, zack! klappt die Fahrertür auf! Ich kann mich gerade noch nach links werfen und entgehe der Tür
um gefühlt einen halben Millimeter.

Statt mich zu erschrecken buche ich die Aktion auf mein schlechte Laune Konto, bin aber andererseits ganz froh, dass ich reaktionsschnell genug war um dem Desaster zu
entgehen. Ich verfahre mich noch um einen Häuserblock, lande dann aber auf der richtigen Straße und am Ortsausgang geht’s dann gleich richtig los.

Die Steigungen hier sind wirklich heftig. Ab jetzt fällt die Anzeige auf dem Garmin kaum mal unter 9%, liegt meist bei 11%, gerne auch mal für längere Abschnitte bei 13
bis 15%. Und an die 18% Passagen kann ich mich auch noch gut vom letzten Jahr erinnern.

Ich komme allerdings ganz gut voran. Unabhängig davon, dass die Landschaft unter der Wolkendecke nicht so euphorisierend auf mich wirkt wie im strahlenden Sonnenschein letztes Jahr, und meine Laune sich nicht so einfach bessert, und ich mich sogar wiederum etwas ärgere, dass ich schlecht gelaunt bin, was natürlich die Laune nicht bessert, arbeiten die Beine ganz ordentlich. Ich schaue kaum mal auf die Radcomputer.

So schraube ich mich nach oben. Dadurch, dass es steil ist, gewinnt man recht schnell an Höhe. So bieten sich auch recht bald die herrlichen Ausblicke, die ich noch
vom letzten Jahr im Kopf hatte. Nur eben mit einer Wolkendecke oben drüber. Wirkt eigentlich auch ganz gut.

Die Straße gibt wirklich selten nach, man muss ordentlich treten, wird aber auch dafür belohnt. Ein Moped überholt mich, ist aber kaum schneller, die Maschinen haben eben
auch ganz schön zu ochsen mit dieser Steigung.

Ich komme jetzt so langsam in den Bereich der Wolken, vielleicht hätte ich mir doch noch das Rücklicht ans Rad machen sollen, nachher auf der „Teststrecke“ geißeln die
Jungs ja oft ganz schön hoch, recht beruhigend, wenn man dann gesehen wird…

Aber die Wolkendecke scheint immer etwas zurückzuweichen, je höher ich komme. Es gibt sogar interessante Lichtspiele zu beobachten, denn jetzt schaut die Sonne
ab und zu durch die Wolken. Möglicherweise ist es oben ja sogar sonnig?

Dann nähere ich mich der steilsten Stelle, gleichzeitig die Stelle an der ich letztes Jahr gestürzt bin. Klar denke ich dran, aber Ortsbesichtigung und -begehung hatte
ich ja schon am Freitag gemacht. Aber wie steil es hier wirklich ist, so 18%, merkt man nur auf dem Rad. Aber das geht jetzt auch noch, ich schaffe sogar zwei, drei Fotos.

Dann ist der erste Teil des Anstiegs geschafft. Jetzt kann man kurz verschnaufen, dann geht es in eine Zwischenabfahrt, bis die Steigung dann wieder richtig anzieht.

Dabei klart es auf, die Wolkendecke habe ich jetzt wohl hinter mir gelassen. Es sieht doch gut aus, auf dem Pico Veleta sollte jedenfalls kein Schnee liegen, was ab Mittwoch
ja nicht ausgeschlossen ist.

Auch der kommende Anstieg hat es gut in sich, so um die 10%. Aber geht ganz gut. Ich habe auch brav einen Riegel gegessen, aber keinen von meinen Sponser High Energy, die habe ich echt über, sondern einen von der Tankstelle in Granada, der
schmeckt ganz gut, hat aber mit 14% etwas viel Fett. So what!

Gleich nach dem Anstieg geht es in die kleine Abfahrt durch den Wald hinunter auf die A-395. Hier trifft man also wieder auf die Standardstrecke. Für meinen Geschmack aber noch ganz schön weit unten, so bei Kilometer 18.

Allerdings fühlt die sich jetzt erst mal easy an, obwohl die hier auch so knapp 8% hat. Aber die Beine sind gerade anderes gewohnt.

Da jetzt der Blick wieder weit über die Landschaft schweifen kann, kann ich erstmals sehen, dass ich über der Wolkendecke fahre, die noch immer über Granada hängt. Und
zusammen mit der meditativen Strecke mit ihrer sanften, recht konstanten Steigung und der ebenso sanften Streckenführung wirkt das recht befreiend. Ich kann mich frei fahren von meiner, ja eigentlich sinnlos, schlechten Laune. Denn was für ein Privileg ist es doch hier fahren zu können, in allen Bedeutungen des Ausdrucks. Also die Zeit, die Mittel und die Fitness zu haben das zu genießen.

Die zurückzulegende Strecke ist noch lange. Auch wenn ich sie mittlerweile gut kenne, so ist doch jeder Abschnitt etwas länger als gedacht. So dauert es einige Fotos von
den tief liegenden Wolken bis ich an die markante Stelle komme, wo man erstmals einen ordentlichen Blick auf den Pico Veleta hat.

Jetzt kommt ein langer Abschnitt bis zum Ski Resort. Ob das jetzt Solynieve oder Pradollano heißt konnte ich bis jetzt nicht wirklich ermitteln, vielleicht stimmen beide Namen? Schilder gibt es jedenfalls mit dem einen wie mit dem anderen.

Ich meditiere mich jedenfalls weiter in diese Richtung, scheine der einzige Radfahrer zu sein. Abwechslung bieten nur die Testfahrer mit ihren präparierten Autos, teils mit
futuristisch designten Anhängern mit Messgeräten, teils getarnt und damit umso auffälliger, teils aber auch nur erkennbar an der Fahrweise.

Die Beine treten ganz gut, Zeit habe ich mir keine vorgenommen, ich fühle mich auch einigermaßen, auch wenn sich 100% anders anfühlen.

Und nach langem Gekurbel erreiche ich das Ski-Resort. Hier verlasse ich die A-395 und fahre die bekannte Strecke durch den Ort. Die Steigung zieht nach ein paar Metern bergab etwas an, erreicht gerne mal 8%, ist im großen und ganzen aber gut
zu fahren.

Auch dieser Abschnitt kommt mir länger vor als ich es in Erinnerung habe, es sind doch einige Häuserschluchten durch die sich die Straße in Serpentinen windet.

Schließlich trifft man wieder auf die A-395. Schon recht weit oben, so dass es nicht mehr weit bis zur Hoya de la Mora ist. Komisch, habe den auffälligen Walker/Jogger noch gar nicht gesehen. Ob der heute Regenerationstag hat?

Kaum gedacht, da sehe ich, noch weit vor mir das rote Shirt leuchten. Mal ganz im Ernst, der wirkt etwas komisch, aber trainiert offenbar eisern und regelmäßig, und dass in ca. 2500 Metern Höhe. Respekt!

Als ich vorbei fahre grüße ich freundlich, er ist offenbar am Kämpfen, lächelt aber und grüßt freundlich zurück.

Mittlerweile ist meine Laune fast besser als meine Beine. Nicht das ich leide, aber ich trete jetzt auch nicht gerade konstant über 300 Watt. Ich habe ja heute morgen
noch eine weitere Nacht im Hotel gebucht mit dem Gedanken die Standardstrecke nochmal unter drei Stunden zu versuchen. Sowas ist ja schnell gedacht und geplant, aber das wäre auf dem Rad dann wirklich sehr sehr anstrengend, und genau jetzt kann ich das sehr genau einschätzen.

Der Wind geht bis jetzt noch, scheint also deutlich schwächer zu sein als am Samstag. Aber als ich die Schranke erreicht habe, bläst er doch ganz schön von vorne.

Also drei Stunden geht nur bei 100%, passendem Wetter mit wenig Wind und Glück mit dem Verkehr bis Pinos Genil. Eigentlich traue ich mir das momentan nicht zu.

Vom Gefühl liege ich jetzt so zwischen der ersten Auffahrt am Mittwoch, als es mir hier nicht so gut ging, und der vom Samstag, als ich mich hier ziemlich wohl gefühlt habe. Da der Wind, wenn auch nicht ganz so böig wie beim letzten mal, doch
etwas wechselnd weht, und außerdem der Straßenbelag elend schlecht ist, fahre ich keine konstante Leistung. Mal steht da 210 Watt, mal 320 und meist eher so 250 Watt. Nur der Puls ist verhältnismäßig viel zu niedrig.

Dann gibt es den ersten Mountainbiker zu überholen. Ich bin also doch nicht der einzige unmotorisierte Zweiradfahrer heute.

Ich mache doch noch ein paar Fotos, denn bei diesem Licht habe ich die Landschaft ja noch nicht gesehen. Gefällt mir richtig gut.

So zwei Serpentinen über mir ist ein weiterer Mountainbiker, der scheint richtig gut zu sein, denn er verschwindet immer wieder nach jeder weiteren Kurve. Einen habe ich
noch vor mir an meiner Lieblingsstelle, der gibt ein schönes Fotomotiv ab. Dann hole ich aber auch den vermeintlich schnellen, der war dann leider doch nicht so schnell, sondern nur durch die Streckenführung verdeckt.

Auch dieser oberer Abschnitt wirkt auf mich heute eher meditativ, dadurch erscheint er mir nicht so lange wie am Samstag. Und bald kommt das Bild mit den Schlussserpentinen in den Blick, ab hier weiß ich, ich komme oben an.

Das ist am Pico Veleta nämlich nie sicher, dafür ist die Strecke zu lang. Auch wenn ich bis jetzt immer bis oben hin gekommen bin, kann man hier auch mal scheitern.

Der Wind hat mir teils ganz schön entgegengeblasen, aber war doch, wie vorhergesagt nicht so brutal wie am Samstag, da war es wirklich grenzwertig.

Dafür ist es heute kälter. Deutlich unter zehn Grad. Als ich die Asphaltgrenze erreicht habe drücke ich die Stoppuhr ab, fahre eine Serpentine weiter bis zu den Felsbrocken, mache ganz routiniert mein Zielfoto und begebe mich auf Wanderschaft
zum Gipfel.

Die Radschuhe werden es mir übel nehmen. Diesmal müssen nicht nur die Cleats dran glauben, sondern ich glaube nach diesem Granada Aufenthalt kann ich die kompletten
Radschuhe entsorgen.

Egal, noch einmal möchte ich mir das Gipfelpanoram gönnen. Diesmal ganz alleine, die Mountainbiker brauchen noch einen Moment bis die oben ankommen….

Die Hände frieren etwas, sonst geht’s. Ich verbringe keine Ewigkeit oben, aber nehme noch einmal den fantastischen Ausblick in mich auf. Morgen werde ich, auch wenn ich
wirklich fahre sicher nicht hochlaufen, sondern zusehen wieder ins Warme zu kommen.

Das mache ich jetzt auch. Der Fußmarsch zieht sich etwas, genauso wie die holprige Abfahrt. Einige Male stoppe ich kurz, entweder für ein weiteres Foto oder einfach nur um zu gucken.

Die Kilometer bis zur Schranke ziehen sich, mittlerweile schmerzt der Nacken etwas, und die Hände haben keinen Bock mehr auf das Gerüttel am Lenker. Aber im Großen und
Ganzen macht es trotzdem Spaß, immer das Gefühl der Höhe und den weiten Blick über die Landschaft im Bewusstsein. Außerdem will der Wind mich nicht vom Rad werfen.

Und dann ist endlich die Schranke erreicht, und vor allem damit der gute Asphalt. Ich steuere direkt Hoya de la Mora an und bestelle mir erst mal einen Cafe con leche und
ein Bordillo de Tortilla Espaniol.

Die Testfahrer machen gerade Mittagspause und bewundern mein Rad. Die elektrische Schaltung interessiert besonders.

Mein Puls ist erstaunlich niedrig. Im Sitzen beim Essen liegt er bei 55. Das gibt auch mal einen Ruhepuls an einem schlechten Tag…

Die kumulierten Höhenmeter über die letzten Tage scheinen sich doch niederzuschlagen. Anyway, ich fülle meine Flaschen auf und rolle dann bergab. Der Wind hat etwas
zugenommen, in den ersten Kurven muss ich etwas aufpassen, dann ist es aber die bekannt traumhafte Abfahrt.

An einem Aussichtspunkt mit toller Sicht auf Güejar Sierra halte ich an, lege die Abfahrtsklamotten ab, setze mich auf einen Fels und genieße den spektakulären Ausblick. Die Testfahrer von vorhin kommen im Formationsflug vorbei, hupen freundlich, und geißeln durch die Kurven was die Autos so hergeben. Offensichtlich einiges, denn das war wohl eine Audifraktion, einige R8 und TTs liegen gut auf der Straße und machen ordentlich Krach.

Am Abzweig Monachil biege ich ab. Jetzt geht es also erst mal wieder ordentlich berghoch. Und bei über 300 Watt geht der Puls nicht über 136. Erstaunlich niedrig.

Fühlt sich aber völlig ok an. Der Anstieg ist auch nicht sehr lang. Mittlerweile scheint hier die Sonne, so dass ich die herrliche Landschaft so genießen kann, wie ich mir das eigentlich vorgestellt hatte.

Nach dem Anstieg geht es vorbei an einem Aussichtspunkt an dem ich letztes Jahr anhalten musste, weil es hier einfach so schön ist.

Diesmal fahre ich direkt in die erste Abfahrt, die ist trotz dem starken Gefälle gut zu fahren. Mach sogar höllisch Spaß.

Dann geht es erst mal wieder bergauf, bevor ich an die Stelle komme, die mir letztes Jahr zum Verhängnis wurde.

Wie gesagt, Streckenbegehung habe ich schon gemacht. Ich fahre natürlich besonders aufmerksam, und die Stelle ist auch sehr, sehr steil, aber jetzt fahre ich ganz locker dadurch. (Wenn auch etwas langsamer…)

Denn Rest der Abfahrt genieße ich einfach, nur unterbrochen von einigen Fotostopps.

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