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Ultracycling und Alpenpaesse

Tag 27 Fermoy – Cork – Ballyvourney

Wetter: Abwechselnd Regen, bewölkt trocken, Sonne 9 bis 15°
Tageskilometer: 101
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 2205
Tages-Fahrzeit :5:30 h
Gesamte Fahrzeit: 123:59 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 18,3km/h
Tageshöhenmeter: 810
Gesamt Höhenmeter: 26914
Maximale Steigung 12%
Maximalpuls: 150
Durschnittliche Pulsfrequenz: 124

Heute schlafe ich außergewöhnlich lange, und als ich das erste mal aus dem Fenster schaue, regnet es. Als ich zum Frühstück gehe scheint die Sonne, als ich ins Zimmer zurückgehe regnet es und als ich gerade überlege die Regenklamotten direkt anzulegen scheint wieder die Sonne.
So entscheide ich mich doch für die Trockenausrüstung. Ich bin noch keine drei Minuten gefahren, da fängt es heftig an zu regnen. Also anhalten Regenklamotten anlegen. Es schüttet in Strömen, der Wind peitscht mir brutal von vorne entgegen, so dass ich kaum vorwärts komme, und manchmal dreht er plötzlich und kommt in heftigen Sturmböen von der Seite, so dass ich das Fahrrad kaum kontrollieren kann.


Nach einer Viertelstunde ist es mit dem Regen wieder vorbei, und nur noch der Wind stellt sich mir entgegen. Die Sonne kommt sogar manchmal etwas hervor. Aber diesmal lasse ich mich nicht in die irre führen und behalte die Regenklamotten an, und beschließe sie auch nicht mehr auszuziehen. Nach einer Weile wird es in der Regenhose jedoch recht warm, so dass ich diese ausziehe, und wer hätte das gedacht, keine 2 Minuten später regnet es. Ich beschließe sie auszulassen, wenn eh immer wieder mal die Sonne durchkommt trocknet die Fahrradhose auch recht schnell wieder im Fahrtwind.

Die Straße Richtung Cork ist eher eine Flachetappe, allerdings bin ich nicht besonders schnell, da der Gegenwind wirklich heftig ist und ich auch auf der Geraden oder bei den flachen Abfahrten heftig treten muss. Das Wetter bleibt wechselhaft.



So gegen ein Uhr ist Cork erreicht. Ich habe also mein Versprechen gegenüber der freundlichen Polizistin von gestern gehalten. Die Stadt empfängt mich erst mal mit einem heftigen Hagelschauer. Der dauert aber nur fünf Minuten und es klart wieder auf. Ich fahre am Hafen entlang, von wo Hunderttausende Iren in die USA ausgewandert sind,



schlendere etwas durch die ganz netten Einkaufsstraßen.


In einem Outdoorshop kaufe ich mir wasserdichte Handschuhe. Ich frage dreimal nach ob sie auch wirklich wasserdicht sind, und der Verkäufer versichert mir, dass das die besten sind die es gibt, absolut wasserdicht. Ok die nehme ich. Und gleich bekomme ich Gelegenheit sie auszuprobieren, denn es fängt an in Strömen zu schütten.


Ich frage nach der Kathedrale und bekomme die Gegenfrage welche? Hier gibt es drei. Na ich lasse mir den weg zur nächst gelegenen erklären, ein offensichtlich moderneres Exemplar.


Ganz in der Nähe ist auch der Turm den die Polizistin erwähnte, wo man für 5 Euro selbst die Glocken läuten darf. Ich werfe einen kurzen Blick in die zugehörige Kirche und gehe dann auf den Turm, denn von hier hat man eine tolle Aussicht über die Stadt.


Um ganz nach oben zu kommen, muss man direkt an den Glocken vorbeiklettern, kurz davor hängen Gehörschutz „Kopfhörer“, die man auch aufziehen sollte, denn es ist ständig jemand am Läuten (es ist gerade eine Gruppe in der Läutstation, und da will ja jeder mal), und der Krach, wenn man direkt neben den Glocken steht, ist enorm. Ich frage mich nur wie die Anwohner das aushalten wenn ständig die Glocken läuten.



Anschließend geht es noch in die Fin Barre Cathedral, die wohl bedeutendste der drei. Dem Gründer der Stadt gewidmet. Einige wirklich interessante Besonderheiten finden sich hier, z.B. der Thron des Bischoffs (über 12m hoch).


Da Cork auf Grund von Kriegen und Zerstörung, kaum wirklich alte Gebäude hat, ist diese Kathedrale sogar das älteste erhaltene Gebäude der Stadt.





Nach dem ich mir Cork angeschaut habe fahre ich weiter Richtung Killarney und Ring of Kerry. Da es nach Westen geht hoffe ich auf etwas weniger Gegenwind. Da habe ich mich aber getäuscht. Der Wind kommt jetzt offensichtlich nicht mehr aus Süden bis Südwesten, sondern richtig aus Westen. Manche Böen sind so stark, dass ich fast stehe, obwohl ich ordentlich trete und einen kleinen Gang drin habe. So komme ich nur sehr langsam vorwärts.
Das Wetter wechselt nach wie vor ständig, wie schon den ganzen Tag. Wechselhaft ist kein Ausdruck, ich kann mich nicht erinnern, schon mal so häufige und vor allem schnelle Wechsel von Regen und Nichtregen bzw. sogar Sonnenschein erlebt zu haben. Die Bilder vom heutigen Tag täuschen etwas, denn natürlich stelle ich hier immer die schönsten rein, und die sind normalerweise bei Sonne geschossen. Der Regenanteil lag so bei ca. 70% schätze ich mal.




Bei Macroom staut sich plötzlich der Verkehr. Eine lange Schlange schon vor dem Ort, und auch im Ort windet sich diese Schlange nur langsam vorwärts.


An den Kreuzungen stehen Polizisten und regeln den Verkehr. Hm, ich fahre erst mal links vorbei soweit es geht und weiche dann auf den Bürgersteig aus, so dass ich im Gegensatz zu den Autos doch etwas vorwärts komme.
An einer Kreuzung frage ich einen der Polizisten, was denn hier los sei und er erklärt mir das die Reliquien von irgendeiner Heiligen heute und morgen in der Kirche ausgestellt würden und die Leute hierher kämen um die anzufassen.

Dir Iren sind großenteils sehr religiös und die Kirchen sind hier so voll wie die Pubs. Ich beschließe mir das anzuschauen, und herauszufinden ob die wirklich an sowas glauben oder da eine Party draus machen und einen Anlass zum Feiern suchen.
Der Andrang ist groß, die Polizei regelt den Besucherstrom, und in der Kirche schaue ich mir erst mal an, was die so machen. Die Reliquien sind nicht wirklich zu sehen, denn sie sind in einem reich verzierten Schrein, und der ist unter einer Glashaube. Die Leute gehen vorbei und berühren verzückt die Glashaube, mit der Hand oder kleinen Flyern mit der Heiligen drauf, die hier verteilt werden. Ich bekomme auch einen Flyer, gehe an dem Schrein vorbei, und berühre das Glas mit der Hand und dem Zettel. Dabei schaue ich mir die Leute an, und bin wirklich entsetzt.
Das Erwachsene, halbwegs gebildete Menschen, dreihundert Jahre nach der Aufklärung an solch einen Schabernack glauben ist nicht zu fassen.



Ich gehe wieder zu meinem Fahrrad und die hübsche Polizistin die den Eingang bewacht lächelt mich so freundlich an, dass ich fast überlege hier mein Nachtquartier aufzuschlagen. So langsam entwickle ich ein Faible für Frauen in Uniform…

Natürlich fahre ich weiter und stelle mich wieder dem Kampf gegen die Natur in Form von Wind und Wetter. Das geweihte Bildchen der Heiligen beeindruckt weder den Wind noch den Regen.

Irland empfängt einen wirklich nicht mit offenen Armen, im Gegenteil es wehrt sich mit allem was es hat. Schlechte Straßen, Regen, Hagel, Sturm und (Gegen)wind. Bis Belfast wird es noch ein heftiger Kampf werden. Ist mir aber egal, das spornt mich eher an, und so trotze ich dem Miststück heute trotz widriger Bedingungen immerhin hundert Kilometer ab.

Einige davon führen übrigens durch das besonders schöne Lee Valley.


Als die hundert auf dem Fahrradcomputer erscheint schaue ich mich langsam nach einer Übernachtungsmöglichkeit um. Ich hätte zwar noch Lust weiterzufahren, aber ist ist schon recht spät. Und da gerade ein Hotel, welches offensichtlich so ungefähr in meiner Preiskategorie liegt am Weg auftaucht frage ich hier nach Unterkunft.

Krass ist der Gegensatz zwischen der Widerborstigkeit des Landes und der Freundlichkeit der Menschen hier. So finde ich im Abbey Hotel für 40 Euro Unterkunft.

Die Übernachtungspreise sind hier in Irland so günstig wie in Wales, eher noch günstiger. Dafür ist alles andere hier unglaublich teuer. Das Essen ist so teuer wie in Norwegen, unter 20 Euro kann man hier nix machen, ein Sandwich im Sparmarkt kostet 4,95 EUR. Und wer’s nicht glaubt, Irland ist so teuer, dass es keine 1 Euro Shops gibt, sondern nur 2 Euro Shops, weil es für einen Euro schlicht nichts gibt. Hier ist der Fotobeweis:

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