steilberghoch

Ultracycling und Alpenpaesse

Tour de Kärnten Tag 2

Heute soll es regnen. Wahrscheinlichkeit laut WeahterPro App 99%, und zwar ab Vormittag. Naja, die App hat in letzter Zeit schon öfter versagt, meist zu meinen Ungunsten, wäre schön, wenn es mal anders herum wäre.

Das Frühstück im Hotel ist eher „basic“, aber letztlich auch ausreichend, Tee, Brötchen, Ei, Käse und Haferflocken, damit sollte ich wohl 92 Kilometer schaffen…

Am Start ist es trocken. Nach dem Eintrag in die Startliste sortiere ich mich im Startblock B ein, alles ist recht relaxt, und um neun Uhr wird neutralisiert gestartet.

Die Schaltung hatte ich gestern noch etwas nachgestellt, durch die neuen Laufräder braucht das Schaltwerk etwas Korrektur, aber die Di2 lässt sich ja recht simpel einstellen, so dass das kein Problem war.

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Das neutralisierte Starten kann manchmal recht heikel sein, vor allem wenn dann schon um die besten Positionen hinter dem Führungsfahrzeug gekämpft wird (was ja dem „neutralisiert“ gerade widerspricht), aber eigentlich geht es recht entspannt zu. Ich spüre nur da schon, dass ich nicht in Form bin. Immer noch ist der Ruhepuls deutlich zu hoch und ich fühle mich nicht gut. Zunächst aber verwende ich die ganze Konzentration darauf im dichten Feld zu fahren, gerade an den kleinen Hügeln in Richtung Villach gibt es einen Ziehharmonikaeffekt, da muss man etwas aufpassen und natürlich muss man schauen, dass man nicht langsam nach hinten driftet. Das gelingt aber ganz gut, und nachdem wir dir Bundesstraße verlassen haben wird der Start endlich freigegeben.

Ich war recht nah am Führungsfahrzeug des zweiten Startblocks und schnell haben wir auf den ersten Block aufgeschlossen. Im Prinzip sollte mein Ziel sein mich zu verbessern und im ersten Block zu starten, aber schon am ersten kleinen Anstieg merke ich, dass wenig geht. Ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass ich es mal richtig geil fand steil berghoch zu fahren.

Ich versuche nur irgendwie dranzubleiben was auch irgendwie halbwegs gelingt, denn zunächst ist die Strecke ja eher flach. Aber nicht sehr lange, dann kommt der erste kleine Anstieg. Schon da scheint sich das Ganze aufzuspalten. Ich arbeite mich zwar irgendwie wieder etwas zurück in eine größere Gruppe, aber vorne die Spitzengruppe hat jetzt schon Abstand.

Ich fühle mich bergauf wirklich mies, die Wattzahlen die auf dem Radcomputer aufleuchten sind zwar nicht besonders schlecht, aber ich habe einfach deutliches Übergewicht, für dass ich jetzt ordentlich bezahle. So schwer bin ich bislang noch nicht in den Alpen gefahren, und genauso schwer fühlt es sich auch an.

Teilweise sind die Anstiege recht steil, da kommt das Gewicht natürlich um so mehr zum tragen. Nach der Abfahrt, die eigentlich ganz gut zu fahren war bin ich erst mal alleine, und zwar eine ganze Weile. Mist. Dann kommt eine Gruppe von hinten der ich mich anschließen kann. So richtig gut funktioniert die nicht, es machen nicht alle mit, dann fährt vorne einer zu lange und verhungert, was die Gruppe unnötig langsam macht, aber egal, Hauptsache ich muss nicht alleine auf gerader Strecke fahren.

Am zweiten Anstieg muss ich wieder etwas leiden, oh man, ich habe berghoch nichts drauf, das ist doch nicht normal, ist dass nur das Gewicht? Letztlich bin ich nach einer Weile mit zwei Radlern alleine, wir fahren ungefähr das gleiche Tempo den Teils steilen Berg hinauf. Die Straße ist jetzt eher nicht so gut, dafür führt sie wie ein Forstweg recht idyllisch teils durch den Wald. Der andere Fahrer ist eindeutig eine jüngere Altersklasse, das Mädel eindeutig eine andere Gewichtsklasse.

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Im Flachen geht es mir mal zu langsam und ich fahre nach vorne um etwas Tempo zu machen, aber schon im nächsten Anstieg muss ich sehen, dass ich gerade so dran bleibe. So geht es immer mal hin und her, und wir fahren eine ganze Weile nur zu dritt. Ich fühle mich immer noch schlecht. Ich glaube meine Gesamtlebensradrennenmotivation habe ich letztes Jahr aufgebraucht Ich würde am liebsten absteigen und stehen bleiben.

Nach einer Weile werden wir dann von einer größeren Gruppe eingeholt. Mittlerweile ist es nämlich hauptsächlich wieder flach. In dieser Gruppe fahren wir recht lange. Die Landschaft ist wahrscheinlich ganz schön, wenn auch nicht gerade spektakulär, ich achte aber nicht so darauf.

Die Straßen sind teils schon ganz schön frostgeschädigt. Die Gruppe schließt nach einiger Zeit auf eine weitere Gruppe auf, die etwas langsamer vor uns fuhr, nach dem Zusammenschluss scheinen wir insgesamt das langsamere Tempo aufzunehmen.

Ist mir nur ganz recht, denn immer mal wieder geht es berghoch zwischendurch, und obwohl ich praktisch keine Führungsarbeit leisten muss, weil vorne die das irgendwie unter sich ausmachen, fühle ich mich immer noch berghoch recht angestrengt. Auch wenn es nicht mehr ganz so schlimm ist wie am Anfang.

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Nach weiteren Kilometern fahren wir flach an einem See vorbei. Mittlerweile fahre ich recht weit vorne in der Gruppe. Danach geht es in eine längere Abfahrt mit eher schlechtem Straßenbelag. Da die Abfahrt nicht so steil ist, fühle ich mich recht wohl und setze mich mit einer kleineren Gruppe vom Rest ab.

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Zwischendurch schaue ich immer mal auf die gefahrene Distanz, bei Kilometer 30 wäre ich gerne vom Rad gestiegen, bei Kilometer 49 auch, bei Kilometer 70 geht’s eigentlich. Vielleicht wird’s ja noch besser.

Jetzt geht es erst mal wieder bergauf. Die Gruppen fahren wieder etwas näher zusammen, es sortiert sich nochmal neu, offensichtlich werden einige jetzt stärker und andere haben schon ihr Pulver etwas verschossen. Bei mir geht’s, ich sehe zu, dass ich möglichst auch berghoch bei den Vorderen bleibe, was ganz gut gelingt. Bald sollten wir die Windische Höhe erreicht haben, dort gibt es auch eine Labstation.

Ein Schild kündigt „1000 Meter bis zur Labstation“ an. Ich überlege ob ich mir etwas Wasser auffülle, die zwei Einliterflaschen habe ich gut geleert, ich habe vielleicht noch einen viertel Liter. Ob das reicht für den Schlussanstieg?

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Mal schauen was die Anderen machen. Als wir oben sind haben sich ein paar Fahrer vorne etwas abgesetzt, ich fahre in einer zweiten kleinen Gruppe, hinter uns ist ein etwas größerer Abstand. Netterweise reichen uns die Helfer von der Labstation die Becher an. So schnappe ich mir einen Becher mit Wasser mit dem ich das eben genommene KH-Gel runterspüle, und beschließe, dass der viertel Liter in meiner Flasche reicht.

Die Abfahrt ist am Anfang recht zügig, vorne die kleine Gruppe habe ich wieder eingeholt, am Ende fährt ein etwas langsamerer Abfahrer den ich zunächst nicht überhole, was ein Fehler ist, denn die Vorderen setzen sich etwas ab. Dann überhole ich ihn doch, aber es ist zu spät.

In einer Kurve steht ein Radfahrer mit heftiger Schürfwunde am Arm und seinem Vorderrad in der Hand, ich rufe noch bist du okay, er reagiert nicht, aber ich kann eh nicht anhalten, ist gerade zu steil.

Dann wird es aber etwas flacher und ich fahre jetzt alleine. Mist, schon wieder. Vorne die sind so 150 Meter weg, aber ich komme nicht näher, gegen die Gruppe habe ich keine Chance. Hinten ist auch niemand der näher käme auf den ich warten könnte. So bleibt mir nichts übrig und ich muss alleine fahren.

Nach einer Weile kann ich vorne die nicht mehr sehen und hinten sehe ich auch keinen. Bin ich überhaupt noch auf der Strecke? Oder habe ich einen Abbiegepfleil verpasst. Eigentlich ist alles wirklich markant und gut ausgeschildert wenn es einen Abzweig gibt.

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Hm, ich sollte schon auf der Strecke sein, aber wieso kommt keiner von hinten? Dann aber kommt auch schon der Abzweig zum Schlussanstieg hinauf nach Bad Bleiberg. Große Pfeile und ein freundlicher Helfer der mit einer Fahne winkt. Alles in Butter.

Vor mir die kleine Gruppe war so ca. 5 Fahrer stark (abgesehen von den gefühlt hundert Fahrern der Spitzengruppe). Der erste steht gerade am Straßenrand und hat leider einen Platten, ärgerlich so kurz vor dem Ziel.

Obwohl, soo kurz vor dem Ziel ist es auch nicht. Es ist schon noch ein Stück zu fahren. Aber zum ersten mal für heute fühle ich mich halbwegs wohl. Also irgendwie schlecht weil ich mich bergauf anstrengen muss, aber „gut schlecht“, nicht so wie heute morgen, das war „schlecht schlecht“. Ich nehme an die Radfahrer verstehen was ich meine…

In der Abfahrt vorhin hat meine lädierte Schulter ziemlich geschmerzt, wahrscheinlich sollte ich mich an das Sportverbot vom Arzt halten, aber das schaffe ich irgendwie nicht, ein bisschen Radfahren kann doch eigentlich nicht schaden.

Anyway, zu meiner Freude sehe ich bald vor mir einen Radfahrer der etwas zurückgefallen ist, den versuche ich wenigstens noch zu schnappen. Ich fühle mich mit jedem Meter Anstieg besser. Die ersten hundert Kilometer waren noch nie mein Ding 😉

Und tatsächlich schaffe ich es ihn einzuholen. Und das schöne ist, nach einer Weile kommen drei weitere Radler in Sicht, einer etwas zurück und zwei weitere etwas weiter vorne. Es sind jetzt aber nur noch gut zwei Kilometer zu fahren.

Jetzt nochmal alles raushauen, ich komme näher und kurz vor der 1000 Meter Marke habe ich ihn, er schafft es aber sich dranzuhängen. Ich gebe jetzt Vollgas, nur nicht übersprinten lassen am Schluss, im Sprint habe ich keine Chance. Wir geißeln an den anderen beiden vorbei, noch habe ich den Fahrer im Schlepptau.

Die fünfhundert Meter Marke. Meine einzige Chance ist so schnell zu fahren, dass er nicht mehr sprinten kann, ihn vielleicht abzuhängen. Also Gas geben, das ist geil, ich geißele was das Zeug hält, wir passieren die zweihundert Meter Marke, komm die gehen jetzt auch noch!

Und so brettern wir über die Ziellinie, wo auch ein paar Zuschauer stehen und uns auf den letzten Metern anfeuern. Geil, geschafft, ich konnte vorne bleiben. Das hat Spaß gemacht. Der andere Fahrer hatte gar nicht vor mich zu übersprinten, er bedankt sich, dass ich ihn auf dem letzten Kilometer noch so schön gezogen habe.

Wir gehen jetzt erst mal Suppe essen. Eine Kärntner Spezialität. Außerdem trinke ich erst mal einen Liter Wasser, die Getränke aus den Trinkflaschen haben doch nur gerade so gereicht.

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Lang aufhalten kann ich mich aber nicht. Denn wir sind zwar tatsächlich während des Rennens vom Regen verschont geblieben, aber wir müssen ja noch über zwanzig Kilometer zurück nach Ossiach radeln und es fängt jetzt an zu regnen.

Schön ist das nicht, die Zielorte sind doch etwas weiter von Ossiach entfernt wie ich mir das vorgestellt hatte. In verschwitzten Klamotten durch den Regen noch eine Stunde zu radeln (wenn man nicht ortskundig ist, werden aus 20 schnell mal 30 Kilometer…) ist jetzt nicht so richtig geil.

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Anyway, verbessert habe ich mich im Gesamtklassement nicht, aber immerhin den „zweiten Startblock verteidigt“. Die getretene Leistung war eigentlich noch ganz ok, aber ich bezahle halt ordentlich für mein Übergewicht am Berg. Dadurch verliert man dann auch mal die ein oder andere Gruppe. Ich werde versuchen irgendwie vernünftig durch die Woche zu kommen. Morgen regnet es dann wirklich, mal schauen wie ich mich bei den zu erwartenden fiesen Bedingungen schlagen kann.

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