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Ultracycling und Alpenpaesse

Trainingslager Fuerteventura 2016 Tag 10

Da es gestern mit dem Nüchterntraining nicht so lief wie ich mir das gedacht hatte, ändere ich heute erneut Björns Trainingsvorgaben etwas ab und starte die nächste Eskalationsstufe. Gestern Abend also nur wenig KH, was mir recht einfach viel, da sich das Steak mit Kartoffeln und Gemüse mengenmäßig als „Gourmetgericht“ herausstellte, d.h. es gab genau eine (kleine) Kartoffel und zwei Gabeln Gemüse zum normal großen Steak.

Da ich vorher noch eine leckere Fischsuppe hatte, wurde ich trotzdem satt. Vorm Einschlafen habe ich dann noch die restlichen Walnüsse gefuttert, so dass es heute morgen erst mal gar nix zum Frühstück gibt. Kurz zucke ich bei dem Gedanken am Frühstücksbuffet doch ein Rührei und etwas Kochschinken zu essen, verwerfe den Gedanken aber wieder.

So sitze ich kurz vor acht ohne Frühstück auf dem Rad. Da die Sonne gerade erst aufgeht, mache ich sogar zunächst das Rücklicht an.

Im Gegensatz zu gestern will ich aber abgesehen vom Nüchternfahren die Vorgabe G1 mit TF-Pyramiden umsetzen. Damit ich trotz des heftigen Gegenwindes aus Norden den Trainingsbereich halten kann, fahre ich zunächst auf die FV-2 in Richtung Puerto del Rosaria, also an der Ostküste entlang.

Auch heute wieder ist Regen wahrscheinlich, aber erst mal fahre ich in der Sonne, wenn es auch mit 13° C eher kühl ist. Ist mir gerade recht, so komme ich mit den Getränken auch besser hin. Da es Samstag ist und ich recht früh bin, ist kaum Verkehr. So kann ich auch die nicht so richtig geliebten Trittfrequenzpyramiden ganz gut umsetzen.

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Der heftige Gegenwind macht mir heute nichts aus, bremst mich allerdings mehr als eingeschätzt, so dauert es etwas bis ich den Abzweig zur FV-50 in Richtung Antigua erreicht habe. Ich fahre aber daran vorbei und noch etwas an der Küste entlang, vorbei an Las Salinas del Carmen und Caleta de Fuste.

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Erst als ich den Kreisel mit dem Abzweig zur Costa Antigua erreicht habe biege ich ins Landesinnere auf die FV-413 ab. Gestern bin ich diesen Abschnitt in die Gegenrichtung meist gegen den Wind gefahren, heute habe ich dann aber weniger Rückenwindunterstützung als erwartet. Aber das ist mit dem Wind ja oft so, gefühlt kommt der irgendwie immer von vorne…

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Bis jetzt konnte ich immer recht gut im gewünschten G1-Bereich bleiben und die TF-Pyramiden umsetzen, die vierte geht aber völlig daneben. Anstiege und Gefälle gepaart mit böigem Wind machen aus der Pyramide eher ein umgestürztes Hochhaus. Anyway, bis Antigua habe ich so meine Zeit vertrieben, und dass ich gerade nüchtern fahre vergessen. Macht ja auch in den ersten zwei Stunden kaum einen Unterschied.

Ich fahre wieder nordwärts. Nach Antigua hinein war die Straße schon nass, nun fahre ich aus Antigua heraus auf trockener Straße, aber von oben wird‘s dafür nass. Ich halte direkt auf die Regenwolken zu, zu meiner linken strahlt ein Regenbogen.

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Ich bin schon deutlich über zwei Stunden unterwegs. Meine Prognose in knapp drei Stunden El Cotillo zu erreichen lag ziemlich daneben. Am Kreisel hinter La Ampuyenta fahre ich wieder die flache Variante durch‘s Dorf, dabei verfolgen mich zwei Hunde, aber da es auf gutem Asphalt bergab geht haben die nicht den Hauch einer Chance. Die wollten eh nur spielen.

Dann endlich erreiche ich die FV-207 und fahre zunächst flach in Richtung La Oliva. Bin doch schon recht lange unterwegs, der Wind hat mich mächtig eingebremst, außerdem bin ich ziemlich strikt G1 gefahren. Ich frage mich ob es nicht zu lange wird bis El Cotillo und dann noch über Corralejo wieder zurück, vielleicht mache ich meine kurze Carboloadingpause doch besser in Corralejo und bleibe dann evtl. im Rahmen mit fünf Stunden oder so.

Hat ja noch etwas Zeit, denn jetzt kommen erst mal einige Hügel die ich nicht mehr wegschalten kann. Aber auch nach drei Stunden fühlen sich die Beine noch gut an. Hinter Tefia wird es dann aber härter. Der Belag ist schlecht, der Wind peitscht mir böig entgegen und an kleinen Abschnitten geht die Steigung auch mal in den zweistelligen Bereich. So ist es doch einige Arbeit bis ich den Anstieg zur Kreuzung nach La Mantilla erreicht habe. Zwischendurch bin ich auch nochmal nass geworden, aber die FV-10 ist dann wieder trocken.

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Als ich abbiege schiebt mich plötzlich ein heftiger Windstoß an und beschleunigt mich ziemlich überraschend auf deutlich über 40 km/h. Dann muss ich aber wieder selber arbeiten und sehe erst mal zu, dass ich die kleine Abfahrt in Richtung Tindaya gut hinter mich bringe, denn der Wind zerrt schon ganz schön am Lenker.

Über drei Stunden bin ich unterwegs und ich muss noch ordentlich gegen den Wind ochsen der mir jetzt meist frontal entgegen bläst. So dauert es noch eine ganze Weile bis La Oliva und auch wenn ich bei ca. vier Stunden für den ersten Trainingsabschnitt landen werde biege ich doch ab nach El Cotillo. Denn hier hat es jetzt deutlich aufgeklart und die Sonne scheint. Vielleicht ist dieses kleine so traumhaft gelegene Cafe doch so ein schönes Ziel wie ich mir erhoffe, vor allem da ich diesmal auch gefühlt die nötige Leistung gebracht habe um eine kleine Pause dort zu genießen.

Aber zunächst ist noch ein ganzes Stück rumpelige Straße mit viel Gegenwind zu bewältigen. Bis Cotillo ist es von Oliva ungefähr so weit wie bis Corralejo. Erstaunlich viele Busse überholen mich, was mir etwas Sorge macht. Was ist wenn da Scharen von Menschen in „meinem“ Cafe sitzen und alles mit „Kaffeefahrtpublikum“ überfüllt ist?

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Die Straße dreht jetzt nach Westen und ich liege eher schräg auf der Straße. So langsam merke ich, dass ich einen Cafe gut vertragen könnte. Vier Stunden nüchtern habe ich jetzt auf dem Tacho, die Beine machen aber noch brav mit. Vor allem als ich dann El Roque erreiche und die Straße weiter nach Süden dreht, so dass ich Rückenwind bekomme.

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Dann endlich habe ich nach gut vier Stunden El Cotillo erreicht. Und da ist „mein“ Cafe, die Sonne scheint gerade bei teils blauem Himmel, dass Meer brandet tosend gegen die Klippen, ein herrlicher Platz an der Sonne ist frei, die Musik ist immer noch gut, der Cafe ebenso, einfach nur traumhaft. Was für ein herrlicher Ort.

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Vor allem bin ich ganz zufrieden mit dem Training bis hierher, so dass ich diesen Moment voll genießen kann. Ein Privileg das nur wenigen Menschen vergönnt ist, denn es ist nochmal eine besondere Art von zufriedenem Genuss der eine andere Qualität hat als wenn man einfach mit dem Auto vom Hotel hierher fährt. Klar ist es dann immer noch ein toller Ort und der Cafe wird dadurch nicht schlechter, aber die Wahrnehmung, die Intensität dieses schönen Augenblicks ist eine ganz andere.

Ich esse ein Brot und eine Portion Spaghetti Bolognese, wobei ich gar nicht sonderlich hungrig bin. Aber es macht schon Sinn, denn es waren hundert Kilometer bis hierher und zurück wird die Strecke ähnlich lang sein. Da werde ich aber wohl nur ca. zweieinhalb Stunden brauchen, denn ab Corralejo habe ich ja Rückenwind.

Doch zunächst genieße ich noch etwas die Sonne, den Blick auf‘s Meer und einen der drei besten Cafes die ich je getrunken habe. Dann geht es aber wieder auf‘s Rad. Ich hatte eine Flasche verbraucht, zwei habe ich noch, übermütig verzichte ich darauf die dritte wieder aufzufüllen.

Zurück fahre ich zunächst dem gleichen Weg, biege dann aber auf die FV-109 ab und fahre über Lajares auf die 101. Trotz der Pause und der großen Spaghettiportion geht es eigentlich ganz ordentlich. Ich muss zwar gegen den Wind arbeiten, aber der Wendepunkt ist ja nicht mehr so weit. Außerdem ist das Wetter deutlich besser geworden. Vorhin hatte ich teils Temperaturen unter 10° auf dem Radcomputer, jetzt wärmt die Sonne.

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Kurz vor Corralejo am Kreisel fahre ich die bekannte Strecke Richtung Osten und dann südwärts auf die FV-1. Heute hat der Wind richtig Power, so dass ich die nächsten Kilometer nie unter 40 km/h fahre, meist aber über 50. Dabei muss ich nur solides G1 treten. Sehr geil.

So geht es zunächst durch die Dünen und dann immer weiter an der Küste entlang. Die Kilometer fliegen nur so dahin. Allerdings mache ich mir etwas Gedanken um den Getränkevorrat. Hoffentlich reichen mir wirklich zwei Flaschen, die Temperatur liegt mittlerweile gut über zwanzig Grad.

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Nach ca. anderthalb Stunden habe ich Puerto del Rosario erreicht. Jetzt dreht die Straße nochmal nach Westen und ich habe ordentlich Seitenwind bzw. schrägen Gegenwind, aber nur für ca. anderthalb Kilometer, dann fliegt das Rad wieder. Nur hinunter zum Flughafen wird‘s sehr böig bei recht hohem Tempo, so dass ich sogar aus dem Auflieger rausgehe um mehr Kontrolle über das Rad zu haben.

Dann kann ich aber wieder in Zeitfahrmanier (allerdings mit deutlich geringerer Leistung) Richtung Süden fliegen. Einen der wenigen Radfahrer die ich heute sehe überhole ich in Höhe Playa Blanca, sonst muss ich nur etwas auf den doch jetzt lebhafteren Autoverkehr achten.

Kurz werde ich an den Kreiseln bei der Durchfahrt von Caleta de Fuste etwas eingebremst, dann geht es weiter bis Las Salinas del Carmen. Hier dreht die Straße aber für zwei, drei anstrengende Kilometer in Richtung Westen. Ich muss ziemlich gegen den Wind arbeiten und mache mir etwas Sorgen wegen der Getränke, eine gute halbe Flasche habe ich noch.

Aber dann geht‘s wieder besser vorwärts. Mal unterstützt der Wind mehr, mal weniger, auch das Wasser wird ganz schön knapp, aber dann ist doch endlich der Abzweig auf die FV-20 erreicht und ich kann nochmal ein paar Kilometer bei vollem Rückenwind Gas geben. Auch der letzte Hügel zum Hotel ist bewältigt und die Uhr bleibt bei knapp sieben Stunden stehen.

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Ein superschöner Tag beendet diesen anstrengenden Trainingsblock. Morgen gibt es erst mal einen freien Tag. Das Fitnessstudio kann ich heute zwar vergessen, aber das Highlight in El Cotillo war mir das Überziehen bei Dauer und Energieumsatz auf jeden Fall wert.

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