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Ultracycling und Alpenpaesse

Trainingslager Teneriffa 2017 – Tag 12

Nachdem ich gestern kaum geschlafen hatte, und von Alpträumen mehrmals aufgewacht bin, noch dazu von Stechmücken ordentlich malträtiert wurde, hatte ich diesmal auf eine bessere Nacht gehofft. Denn heute sollte es wieder eine umfangreiche Tour mit vielen Höhenmetern werden.

Das mit dem Schlafen klappte irgendwie besser als gehofft, so dass ich nicht richtig wach werde und etwas gegen die Müdigkeit kämpfen muss. Da ich in San Andres starten will und ca. eine Stunde bis dorthin mit dem Auto fahren muss, verzichte ich auf das Hotelfrühstück, denn das gibt‘s nur für Spätaufsteher. Acht Uhr ist wirklich zum Radfahren viel zu spät, bis du da auf dem Rad sitzt…

So gibt es einen Vollkorntoast mit einer Scheibe Käse, und auf der Autofahrt esse ich noch zwei Reiswaffeln. Trotzdem sitze ich erst um viertel nach neun auf dem Rad. Dafür habe ich die Trainingsstrecke der Rennradfahrer aus Santa Cruz entdeckt. Allerdings ist mir die TF-11, so schön flach und gut geteert sie sein mag, doch etwas zu kurz.

Auch heute ist es wieder sehr warm. Es zeichnet sich schon ab, dass es keine kühlenden Wolken im Anaga Gebirge geben wird.

Der Anstieg ist heute etwas einfacher zu fahren, denn es fehlt der heftige Gegenwind. Dafür habe ich freie Sicht auch auf die höheren Regionen. So kann ich fast die gesamte sich auf dieser Seite im Berg windende TF-12 sehen und die auf mich zu kommende Aufgabe einschätzen.

Die Auffahrt lässt sich gut an, auch wenn ich nicht ganz so selbstverständlich im G2 Bereich trete, eher etwas darunter. Ich will aber noch nicht so richtig gegenhalten, da ich mir die Kräfte für den Hauptanstieg zum Teide sparen will, die Anagarunde ist nur zum einfahren.

Durch das außergewöhnliche Wetter ohne die üblichen Wolken kann ich die Straße ganz neu entdecken. Die Vegetation ist interessant, die Straßenführung ebenso und beides ändert sich, je höher ich komme.

Ich genieße immer wieder mal die Aussicht hinunter zum Meer. Dabei vergehen die Kilometer recht flott. Den Abzweig nach Taganana spare ich mir diesmal, sondern bleibe auf der TF-12. Nur oben mache ich einen kurzen Abstecher zum Aussichtspunkt Montes Anaga. Nur ein kleiner nicht sehr steiler Stich. Dann geht es weiter auf der jetzt eher flachen Hauptstraße, die nun herrliche Blicke, zunächst auf den Norden, dann wieder auf die zerklüftete Südseite freigibt.

Die Strecke führt über einen Bergkamm, jetzt ohne die Wolken sieht es nicht so mystisch aus, aber die Ausblicke sind fantastisch. Nach diesem Abschnitt zieht die Steigung wieder an und die es geht durch den Wald.

Dabei genieße ich den kühlen Schatten. Auch wenn der Radcomputer noch 24° C anzeigt, so ist es doch deutlich angenehmer wenn die Sonne nicht so knallt.

Als ich letzte Woche in den Wolken gefahren bin mit Sichtweite unter 50 Metern habe ich einfach so vor mich hin gekurbelt, jetzt bei gutem Wetter bin ich überrascht, dass es doch noch zweimal wieder berghoch geht, obwohl ich mich schon in der Abfahrt nach La Laguna wähnte. Macht aber nix, bin ja zum Höhenmeter sammeln unterwegs…

Den schönen Lorbeerwald möchte ich am liebsten nicht mehr verlassen, nach einer etwas quälenden Abfahrt mit einem unglaublich schlechten Autofahrer vor mir, der fast zwei entgegenkommende Autos rammt, unvermittelt auf gerader Strecke bremst, und all meine Selbstdisziplin fordert, damit ich, wenn auch leicht fluchend, in sicherem Abstand langsam hinter ihm hergondele, erreiche ich dann aber offenes Gelände und fahre nach La Laguna hinein.

Dort fülle ich die eine verbrauchte Wasserflasche in einer kleinen Cafe Bar wieder auf. Die füllen mir kostenlos Leitungswasser ein, und ich kann gleich wieder auf‘s Rad springen und weiterfahren.

Der Weg durch den Ort ist mir ja jetzt schon bekannt, auf Grund der Einbahnstraßenregelung gibt es allerdings eh nicht viel Auswahl. So erreiche ich schnell den großen Kreisel an der Autobahn, von wo die TF-24 startet. Ab hier heißt es jetzt ca. 52 Kilometer bergauf fahren. Letztes mal bin ich ja nur bis Kilometer 38 gekommen. Diesmal ist die Gefahr eines Hungerastes allerdings gering, ich habe noch einen riesigen Riegel mit Aprikosengeschmack gemampft und habe zwei Wasserflaschen, zwei Flaschen mit KH-Getränk und noch eine kleine Flasch im Trikot dabei. Wenn das nicht reicht, egal wie heiß es ist, dann bin ich nicht RAAM tauglich.

Die Straße zieht gerade und mit solider Steigung nach oben. Jetzt müsste ich schon mal darauf achten eher G2 zu fahren und nicht zu sehr zu schludern. Die Temperatur ist schon recht hoch, als ich den Nordflughafen passiere, bewegt sich die Anzeige deutlich in Richtung 30° C (29,9 um genau zu sein).

Die ersten fünf Kilometer bis La Esperanza sind fordernder und länger als gedacht, gehen trotzdem gefühlt recht schnell vorbei. Klingt wie ein Widerspruch, ist aber genau so…

Der Ort selbst ist auch ca. fünf Kilometer lang, hier ist es relativ flach, und danach führt die Strecke in den Kiefernwald. D.h. auch endlich wieder etwas Schatten. Die Kilometer müssen nun erarbeitet werden, d.h. mit flach ist erst mal vorbei, allerdings wechseln immer wieder etwas steilere Abschnitte mit etwas flacheren ab. So ganz locker fließt die Power nicht auf die Pedale. Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt. Andererseits ist alles noch im Rahmen, ich muss mich nicht quälen. Aber vielleicht sollte ich genau das tun? So unsicher was ich fahren muss, kann oder will, war ich mir bis jetzt noch in keinem Trainingslager. Ich will ja auch auf keinen Fall überziehen und mir Probleme mit dem linken Oberschenkel einhandeln. Hier am Teide verliert man schnell mal das Gefühl für die geleisteten Höhenmeter…

Mit diesen Gedanken beschäftigt, bringe ich doch einige Kilometer hinter mich. Aber diese Auffahrt ist schon sehr lange. Ich habe auch jetzt, nach einer knappen Stunde, schon zwei Flaschen aufgebraucht.

Wie lange diese Auffahrt wirklich ist, wird mir deutlich, als ich nach knapp 20 Kilometern auf ca. 1600 Metern Höhe noch nicht mal den Abzweig nach Güimar erreicht habe. Beim letzten mal bin ich hier ja schon trocken gefahren. Krass, dass ich überhaupt bis hoch gekommen bin.

Nach dem Abzweig in Richtung Güimar führt die Straße zwar weiter durch den Wald, aber mit jedem Kilometer lichtet sich dieser etwas und vor allem liegt die Straße jetzt in der Sonne. Die Steigung ist durchaus anspruchsvoll.

Zwischen Kilometer 27 und 28 bieten sich dann erste Blicke auf den, ausnahmsweise wolkenlosen, Norden. Auch der Blick auf den Teide ist ohne das übliche Wolkenmeer ungewohnt. Aber da ich diesmal gut KH-versorgt fahre, gibt es keine Probleme, einzig der sich jetzt bemerkbar machende Gegenwind und die schlechte Straße trüben die Kletteridylle etwas.

So kann ich auch die Zwischenabfahrten, von denen es zwei längere gibt nicht hundert Prozent genießen. Liegt nicht zuletzt auch etwas an der Sitzfläche. Allerdings kann man da natürlich richtig Meter machen. Von der Zeit her werde ich wohl nicht zu weit über die Dreistundenmarke kommen.

Nun geht es auf wirklich schlechter Straße auf die Sternwarte zu. Die Waldgrenze habe ich hinter mir gelassen und es gibt noch einige Serpentinen zu bewältigen, der Wind bläst teils mächtig entgegen. Zwei, drei Fotos muss ich vom wolkenfreien Norden noch machen, bevor ich mich wieder auf die Leistung konzentriere. Die Beine funktionieren im Prinzip gut, allerdings macht sich einfach die kumulierte Gesamtbelastung des Trainingslagers bemerkbar, so dass es nicht mehr so locker geht wie die ersten Tage.

Ich passiere nach 38 Kilometern die Stelle wo ich das letzte mal vom Rad musste. Das heißt, den höchsten Punkt mit 2330 Metern habe ich passiert und kann mich in die Zwischenabfahrt stürzen. Ich versuche im Auflieger Gas zu geben, an manchen Stellen reicht die Übersetzung aber nicht aus. Abgesehen davon ist die Strecke schlecht und malträtiert die Kontaktpunkte etwas.

Dann ist aber der Abzweig zur TF-21 erreicht. Vorbei geht es am Restaurant, am Aussichtspunkt El Portillo und nach ein, zwei Kilometern bergauf an den Restaurants mit dem Papillon. Diesmal kann ich hier weiter Gas geben.

Noch sind es zwar ca. 10 Kilometer bis zur Seilbahnstation, aber ich bin mental besser drauf als bei der Auffahrt von Puerto Cruz und spule die Kilometer meist im Auflieger ab. So erreiche ich ohne Quälerei die Teide Seilbahn, wende dort und fahre abwärts in Richtung Hotel Parador.

Ich überlege kurz durchzuziehen, noch habe ich einen halben Liter Getränk und fühle mich nicht schlecht, aber ich gehe auf Nummer sicher und lade beim Parador mit einem Stück Apfelkuchen KH nach und fülle noch eine Flasche auf. Der Kuchen schmeckt nicht so gut wie gestern, vielleicht hätte ich doch durchfahren sollen.

Andererseits ist der Rest der Strecke nun gut zu fahren, der Gegenanstieg geht ohne Probleme und auch die mittlerweile mehr als vertraute Abfahrt bis Vilaflor rollt gut. In Vilaflor wähle ich wieder die gleiche Route wie gestern, mir ist einfach danach, auch wenn die ersten Kilometer böse rumpeln.

Die Abfahrt läuft rund, ohne störende Autos, ich kann ein bisschen vor mich hindenken. An der Wanderbaustelle wird es gerade grün und ich bringe dem frischen Asphalt heute etwas mehr vertrauen entgegen, so dass es bis La Camella eine richtig schöne, runde Abfahrt wird.

Bis Los Christianos herrscht dann sehr viel Verkehr und die Temperatur steigt über 30 ° C. So kann ich den letzten Berg nochmal in der knallenden Sonne fahren, was mir aus irgendeinem Grund sehr viel Spaß macht. Auch die letzten Kilometer im Auflieger fliegen schön dahin, so dass das Training einen schönen Abschluss findet.

Morgen muss ich dann die Tour rückwärts fahren um mein Auto wieder abzuholen…

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