steilberghoch

Ultracycling und Alpenpaesse

Trainingslager Teneriffa Tag 12

Ich überlege eine Weile, ob ich mit dem Auto nach Tamaima fahre und den äußersten Nordwesten der Insel erkunde, bzw. die dortigen sehr sehr steilen, aber schönen Straßen, oder doch über den Teide bis La Orotava und zurück fahre, die einzige Hauptauffahrt zum Teide die ich noch nicht gefahren bin.

Letztlich entscheide ich mich dafür mit dem Auto bis zur Seilbahnstation auf dem Teide zu fahren, dort das Auto stehen zu lassen und dann erst mal bergab bis La Orotava zu fahren. Wenn es zeitlich hinhaut werde ich anschließend nochmal die TF-36 bis Chio und zurück fahren, da war der Anstieg letztes mal ja „unvollständig“. Diesmal könnte ich bis zur Seilbahnstation fahren und hätte dann mein Auto dort. Mal schauen ob es aufgeht.

Es ist ungewohnt erst mal eine Abfahrt zu haben. Aber es ist schön mal nicht nassgeschwitzt bergab zu fahren. Zunächst geht es ein Stück bergauf, dann aber kann ich es schön rollen lassen. Auch als ich an den Restaurants bei El Portillo vorbei bin und in Richtung La Orotava Tal abwärts fahre lässt es sich recht angenehm fahren.

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Die Straßen sind zwar auch hier nicht gerade perfekt, aber noch ok und das Gefälle ist gar nicht so steil wie erwartet. Auch die Kurven sind meist eher sanft, so dass es eine richtig geile Abfahrt wird, ohne eiskalte Finger, ohne Wolken die die Sicht verdecken, es ist wirklich nett, dass das Wetter diesmal mitspielt. Die Investition in WeatherPro hat sich doch gelohnt, die Yahoo WetterApp hatte nur nutzloses und falsches Zeug angezeigt, nach denen hätte es drei Tage geregnet und an dem Tag wo es so erbärmlich kalt war die Sonne geschienen…

Ich mache kaum Bilder, kann ich ja im Aufstieg machen. Im unteren Teil sieht man an dem vielen Moos an und auf der Straße, dass hier normal schon recht feuchtes Klima herrscht. Das macht sich auch in einem recht dichten Bewuchs mit sehr vielen verschiedenen und interessanten Pflanzen bemerkbar. Macht Spaß dadurch zu fahren.

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Es ist für kanarische Verhältnisse sehr sehr wenig Verkehr. Schon ganz oben auf dem Plateau, auch im oberen Teil der TF-21, bis recht weit nach unten. Erst als die ersten Siedlungen kommen nimmt der Verkehr etwas zu.

In La Orotava ist dann alles dicht. So bleibe ich bei der Idee von hier den Aufstieg zu starten, und fahre nicht noch bis Kilometer Null der TF-21 irgendwo in Puerto Cruz. Nachdem ich Jacke und Unterhelmmütze abgelegt habe geht es durch den Kreisel und wieder nach oben.

Hoffentlich war mein Eindruck in der Abfahrt richtig, dass die Steigung insgesamt recht moderat zwischen 6 und 8% liegt, selten mal etwas steiler. Das würde mir beim Umsetzen der Trainingsinhalte helfen. In den ersten beiden Stunden sind etwas längere EB Intervalle angesagt, mal schauen was die Beine sagen.

In La Orotava muss man zunächst schon ganz ordentlich berghoch und durch den Verkehr fahren, aber schnell führt die TF-21 aus der Stadt heraus und man kann schon das Ziel, den Teide sehen.

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Immer wieder gibt es schöne Ausblicke auf die Küste und das Meer. Die Beine funktionieren eigentlich ganz gut, aber auch nicht perfekt. Ich starte mal das erste EB Intervall. Bei dem Programm, dass ich heute noch vorhabe kostet es mich doch etwas Überwindung. Aber immerhin, die geforderte Mindestlänge schaffe ich, und es gibt sogar zur Belohnung sehr moderate Steigung, so dass ich mich im Anschluss im G1 Bereich etwas erholen kann.

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Auch die weitere Strecke bietet immer wieder die Möglichkeit die Leistung schön zu dosieren. Bei Aguamansa überhole ich die ersten Radler, leider „nur“ Mountainbiker die nicht gerade schnell sind, also keine Motivationshilfen.

Die Pflanzenwelt kann man beim langsamen Bergauftempo noch ausführlicher begutachten 🙂 Mittlerweile bin ich so ca. 1150 bis 1200 Meter hoch. Es wäre zeit für das zweite EB Intervall, nur die Beine fühlen sich nicht so recht danach. Aber besser jetzt als nachher auf 2000 Metern Höhe. Ich warte noch etwas ab, bis ein paar Autos vorbeigefahren sind, genieße nochmal einen schönen Ausblick und starte das Intervall. Allerdings schaffe ich nur die Hälfte der vorgegebenen Länge. Mist, aber mehr ging gerade nicht.

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Ich genieße erst mal einfach das schöne Wetter und das ich nicht frieren muss. Und beschließe dann noch einen zweiten Versuch zu machen. Dabei passt es gut, dass ich gerade einen Radfahrer überhole, da kann ich gut wegziehen. Nach einer Kurve steht ein weiterer Rennradler am Straßenrand, als ich vorbeifahre schaut er erschrocken oder erstaunt, ich weiß nicht, ich power halt gerade schön vorbei, er schwingt sich auf’s Rad und hängt sich hintendran. Seltsam, ich fahre gerade EB Intervall und der macht in diesem Aufstieg Pause und hängt sich jetzt hinten dran? DAS motiviert mich natürlich. Eigentlich waren auch in diesem Intervall nach der Hälfte schon die Beine dick, aber das sich da jemand dranhängt das pusht.

Ich überhole noch zwei weitere Radler, einer, der gerade ziemlich kämpft, schaut ziemlich verzweifelt auf, als wir an ihm vorbeigeißeln, frustriert senkt er den Kopf und murmelt irgendwas, mein Anhängsel bleibt anscheinend zurück, sicher bin ich mir aber nicht. Ich schaue mich nicht um, sondern versuche nur die Leistung zu halten, die Beine platzen gleich, aber bis zur nächsten flacheren Stelle will ich noch durchhalten.

Dann kann ich endlich wieder etwas relaxen. Die anderen Radfahrer sind weg. Jetzt bin ich wieder allein mit dem Berg, bzw. mit dem Wald. Der Anstieg ist wirklich gut zu fahren. Allerdings ist er doch recht lange, so verschätze ich mich etwas mit der Entfernung zum Abzweig zur TF-24, und wieder und wieder geht es nach einer Kurve weiter berghoch. Allerdings gibt es dafür nochmal schöne Ausblicke.

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Dann aber ist die Kreuzung endlich erreicht und die TF-21 führt mich jetzt vorbei an zwei, drei Restaurants und dem mit Bussen vollgestellten Visitor Center auf das Plateau.

Hier ist es heute erstaunlich warm. 20° C zeigt der Radcomputer. Ich bin etwas verstört, kann es aber genießen. Immerhin hatte ich intuitiv wenigstens das Gesicht etwas eingecremt.

Noch bin ich aber nicht an meinem Ziel angelangt. Es gibt noch einige Höhenmeter zu überwinden, nur selten ist es hier oben wirklich flach. Es zeichnet sich aber ab, dass ich mit der Zeit deutlich unter drei Stunden bleibe, so dass ich die Chance auf die zweite Auffahrt wahren kann.

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Dann ist endlich die Seilbahnstation erreicht und ich setze mich einen Moment ins Auto, trinke einen halben Liter Wasser und esse ein paar gesalzene Cashewkerne. Ich überlege ob ich die Abfahrt mit dem Auto mache und die gewonnene Zeit nutze um doch mit dem Fahrrad zurück ins Hotel zu fahren, allerdings gewinne ich in der Abfahrt höchstens 10 Minuten. Nee ist doof, und das Auto kann ich dann auch nur erreichen wenn ich morgen mit dem Fahrrad wieder über die Autobahn fahre. Es hilft nichts ich muss die fiese Abfahrt über die TF-36 nochmal mit dem Fahrrad machen.

Auf einen Cafe an der Seilbahnstation verzichte ich, der ist schlecht und teuer, ich nehme lieber einen in Chio in dem schön gelegenen Cafe (Pizzeria San Juan) am Beginn des Anstiegs über die TF-36.

So fahre ich weiter, von der Seilbahnstation über das Plateau bis zum Abzweig zur 36, und hinein in die Rumpelhölle. Ich hatte mir fest vorgenommen hier nicht mehr runterzufahren, es ist wirklich unangenehm auf dem Rennrad. Da ich die Strecke aber jetzt kenne, versuche ich etwas schneller zu fahren als letztes mal, einfach nur damit es nicht so lange dauert.

Schnell spüre ich die Kontaktpunkte. An den Füßen fühlt es sich zwar komisch an, geht aber noch, aber der Hintern bekommt schon ordentlich was ab. Die Hände leiden aber am meisten, immer wieder mal gibt es fiese Schläge und die dauerhafte heftige Vibration macht’s nicht besser. Ich ziehe aber durch, versuche so schnell zu fahren wie es möglich ist.

Nach vier Kilometern wird es ja einen Hauch besser, und ich weiß, das unten besserer Belag wartet. Es zieht sich aber sehr sehr lange bis dahin. Zwischenzeitlich schmerzen die Hände und Handgelenke sehr. Selbst die Sitzfläche tut weh.

Aber auch das geht vorbei und ich erreiche endlich den besseren Belag. So 80 Meter vor mir ist ein anderer Radfahrer, er fährt aber das gleiche Tempo wie ich, so dass ich nicht näher komme. Dann steht er plötzlich mit einem Platten am Straßenrand, ich frage ob alles ok ist und nach seinem „Daumen hoch“ fahre ich weiter. Trotz des fiesen Belags und der insgesamt vielen schlechten Straßen hatte ich bis jetzt keine Pannen. Sehr cool. Sehr cool sind auch die letzten fünf Kilometer, heute etwas mehr Gegenwind aber wieder eine Traumabfahrt.

Im Cafe unten gönne ich mir wieder so einen Riesenmandelkeks und noch eine ziemlich süße Apfeltasche, und dann gleich noch eine. Immerhin ist es jetzt ja schon 15 Uhr und ein bisschen KH für den Aufstieg muss ich schon zuführen 🙂

Ich ruhe mich nicht zu lange aus, denn ich will ja noch im Hellen oben ankommen. Vielleicht kommt das ja hin mit den zweieinhalb Stunden. Mal schauen was die Beine sagen.

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Unten ist der Anstieg klasse zu fahren, die Steigung moderat, der Belag gut. Ich versuche möglichst viel im G2 zu fahren, das ist so mein Ziel für die Auffahrt. Schnell vergehen die Minuten und Viertelstunden. Diesmal habe ich viel besseres Wetter und versuche das zu genießen.

Es gibt leider überhaupt keine anderen Radfahrer die als Motivationshilfe dienen könnten. Wobei es mir nicht an Motivation mangelt. Die Beine funktionieren eigentlich ganz gut. In nördliche Richtung gibt es immer mal wieder etwas Gegenwind. Aber letztlich alles moderat. So denke und kurbele ich vor mich hin.

In einem so langen Anstieg ist man dann aber immer mal wieder erstaunt, wie weit es noch bis zum Ziel ist, wenn die nächste Kilometerangabe am Straßenrand steht. Letztes mal war Km 10 der TF-36 ein Teilziel (die Zählung beginnt oben), diesmal ist es Km 2, denn bei der 10 ist noch nichts erreicht.

Die Sonne steht jetzt schon recht tief, was schönes Licht macht. Vor allem gibt es diesmal kaum Wolken, so dass sich die Landschaft in goldenem Licht zeigt. Nichtsdestotrotz geht es hier auf über 2000 Meter hoch, so dass es durchaus frisch wird und auch der Wind je nach Richtung die Fahrgeschwindigkeit ganz ordentlich beeinflusst.

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Ich mache kaum Bilder fahre mein Ding und komme deutlich weniger erschöpft auf den letzten rumpeligen Kilometern der TF-36 oben an als beim ersten mal. Ich musste schon etwas kämpfen, aber bis hierher hat es noch Spaß gemacht. Mal schauen wie die restlichen gut 10 Kilometer laufen, denn noch ist es ja ein ganzes Stück bis zur Seilbahnstation.

Ich versuche noch etwas Druck zu machen im flachen bzw. leicht abschüssigen Teil. Schade nur, dass ich entgegen meiner Erwartung hier oben jetzt Gegenwind habe. Dadurch ist es natürlich auch wieder recht kühl. Ich verzichte aber auf die Jacke, anhalten will ich sowieso nicht und hier freihändig die Jacke anzuziehen ist bei der schlechten Straße nicht ganz ohne. Außerdem geht es ja auch gleich nochmal richtig bergauf.

Die Grenze zwischen Sonne und Schatten liegt zunächst so 500m vor mir, ich schaffe es aber nicht die „Sonne einzuholen“, im Gegenteil, bald ist es ein Kilometer, so bleibe ich immer im kühlen Schatten. Anyway, ich liege noch gut in der Zeit, ich sollte so um 18 Uhr rum oben sein. Wie schön, dass da mein Auto wartet. Denn Busse fahren um diese Zeit nicht mehr, es ist sogar jetzt ziemlich einsam hier, auch kaum noch Autos. Die Seilbahn fährt schon nicht mehr, dabei soll doch der Sonnenuntergang vom Teide aus betrachtet sehr schön sein.

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Das einzige was mir jetzt noch den perfekten Radtag verderben könnte, wäre wenn die Schranke oben zum Parkplatz geschlossen wäre. Denn dann hätte ich ein Problem. Mit dem Fahrrad käme ich im Hellen nicht mal bis zur nächsten Siedlung und im Auto schlafen in nassen Klamotten wollte ich eigentlich auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber nicht sehr groß, trotzdem beschäftige ich mich im letzten Anstieg mit Lösungsmöglichkeiten für dieses Szenario. Wahrscheinlich um mich von der Anstrengung abzulenken.

Dann endlich die letzten Kilometer, kurz vor der Einfahrt in den Parkplatz flacht es nochmal etwas ab, dann die zwei, dreihundert Meter bis oben hin, nochmal steil. (Die Schranke ist auf) Und das Ziel ist erreicht. Geil!

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Ein guter Radtag mit ordentlich Höhenmetern und gutem Wetter. Geht doch Teneriffa!

Ich mache noch ein Zielfoto und fahre dann zufrieden mit dem Auto ins Hotel…

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